Obituary
In Memoriam Max Beier (1903-1979)
Kaltenbach, Alfred

Entomologia Generalis Volume 7 Number 4 (1982), p. 381 - 384
published: Jun 30, 1982
DOI: 10.1127/entom.gen/7/1982/381
ArtNo. ESP146000704012, Price: 29.00 €
Kurzfassung
Am 4. Juli 1979 verschied der Wiener Entomologe Hofrat Professor Dr. Max Beier, als Spezialist für die Insektenordnung Mantodea und die Spinnentierordnung Pseudoscorpionidea weltweit bekannt, nach einem plötzlich aufgetretenen, schweren Herzanfall. Beier wurde in Spittal a. d. Drau in Kärnten am 6. April 1903 geboren. Der Vater, Julius Beier, war Ingenieur der k. k. Staatsbahnen und mußte seinen Dienst- und Wohnort mehrfach wechseln. Daher verbrachte Max Walter Peter Beier seine Jugendjahre abwechselnd in Kärnten, Salzburg und Tirol. Er sollte dem Wunsch des Vaters entsprechend dessen berufliche Laufbahn einschlagen, interessierte sich jedoch schon frühzeitig in einem außergewöhnlichen Maß für die Tierwelt, insbesondere für die Welt der Insekten. Die ersten Anregungen in dieser Hinsicht hat er durch das Beispiel des Großvaters, Peter Ritter von Mitis erhalten, der bereits als Knabe mit großem Eifer Käfer sammelte. Seiner Neigung folgend studierte Max Beier ab 1923 an der Universität Wien Zoologie und Botanik. Unter seinen Lehrern sind der Morphologe Berthold Hatschek, der Herausgeber der späteren Auflagen des Clausschen Zoologielehrbuchs Karl Grobben sowie der Pflanzensystematiker Richard von Wettstein und der Pflanzenphysiologe Hans Molisch besonders hervorzuheben. Vor allem aber schloß sich Max Beier während seiner Studienzeit an den Herpetologen und Orthopterologen Franz Werner an, dem es gelang, den ambitionierten jungen Mann für Mantiden und Orthopteren zu interessieren. Beier schrieb eine Dissertation über das Zentralnervensystem der Koleopteren und legte nach beendetem Studium die Rigorosen bei Versluys, Werner und Wettstein ab. Am 12. 7. 1927 promovierte er zum Doktor der Philosophie. Noch im gleichen Jahr, am 1. 9., trat Beier eine Volontärstelle am Naturhistorischen Museum in Wien an. In die Museumsarbeit wurde er von Anton Handlirsch, einem Hauptvertreter der Wiener Entomologenschule, der die phylogenetische Betrachtungsweise in die Entomologie eingeführt hatte, und von Hans Zerny, der damals die Dipterensammlung betreute, eingeführt. Schon 1926 hatte Beier den Koleopterologen Emil Moczarski auf einer Griechenland-Sammelreise begleitet. Im Frühjahr 1929 besuchte er die Jonischen Inseln und den nördlichen Peloponnes. Ebenfalls nach Westgriechenland führten ihn weitere zoologische Studien- und Sammelreisen in den Jahren 1932 und 1933. Diese mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien selbständig unternommenen Griechenlandreisen dienten in erster Linie der Untersuchung faunistischer Beziehungen zoologisch wenig bekannter Inseln zum benachbarten Festland. Beiers erste wissenschaftliche Publikation «Über eine Invaginationsmißbildung bei einer Chrysomelidenlarve» war bereits vor Abschluß seines Studiums im «Zool. Anz.» (1926) erschienen. Auch in den Arbeiten der folgenden Jahre befaßte er sich zunächst fast ausschließlich mit Koleopteren. Er studierte Körperbau und Lebensweise verschiedener Coleoptera und wies u. a. bei den Larven aller von ihm untersuchten Familien mehr oder weniger gut ausgebildete Corpora pedunculata im Protocerebrum nach. Die pilzförmigen Körper wurden früher nur den Imagines der Coleoptera zugeschrieben. Bei wasserbewohnenden Koleopteren, mit deren Biologie er sich auch später gerne befaßte, klärte er spezialisierte Ernährungs- und Respirationsmechanismen auf und entdeckte bei Haliplus wehnckei ein elytro-ventrales Stridulationsorgan. Nach nur vierjähriger Einarbeitung in die Systematik der Pseudoskorpione konnte Beier 1932 im «Tierreich» ein zweibändiges Bestimmungswerk über die Pseudoskorpione der Welt veröffentlichen. In den beiden folgenden Jahren erschienen aus Beiers Feder die Beiträge «Blattodea», «Mantodea», «Dermaptera», «Phasmodea» und «Saltatoria» für die von Paul Schulze herausgegebene «Biologie der Tiere Deutschlands». Beiers Hauptinteresse galt neben den Pseudoskorpionen den Mantodea, deren Sammlung er im Wiener Museum neben anderen Sammlungen verwaltete. Für Wytsmans «Genera Insectorum» verfaßte er 6 von den 9 Faszikeln über Mantodea (1934-1935). Als er 1936 Vertragsbediensteter des wissenschaftlichen Dienstes wurde, war die Zahl seiner Arbeiten bereits auf 82 angewachsen und sein Ruf als hervorragender Entomologe gefestigt. Seine Ernennung zum Kustos erfolgte 1943, zum Kustos I. Klasse 1952. Ab 1955 veröffentlichte Beier umfassende Bearbeitungen der Embioptera, Saltatoptera, Cheleutoptera, Dermaptera und Mantodea in «Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs» und seine zweiteilige Pseudophyllinen -Monographie in der Buchreihe «Das Tierreich». Während des 11. Internationalen Kongresses in Wien (17. -25. 8. 1960) hat Beier das mühe- und verantwortungsvolle Amt des Generalsekretärs übernommen und wurde für diese Tätigkeit am 17. 5. 1961 vom Bundespräsidenten Österreichs mit dem Titel Professor ausgezeichnet. Aus dieser Zeit erwähnenswert ist auch eine von Beier geleitete Studien- und Sammelreise nach Nubien. Gesammelt wurde im Gebiet von Assuan, noch rechtzeitig vor der Errichtung des Staudammes und der Überflutung durch den Stausee. 1963 übernahm Max Beier die Direktion der Zoologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums und leitete diese Abteilung bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand mit 31. 12. 1968 mit großer Umsicht. Als Kollege und Vorgesetzter war er allgemein beliebt. Seine wissenschaftliche Tätigkeit im Museum hat Beier auch während des Ruhestandes mit großem Fleiß und jugendlicher Begeisterung fortgesetzt. So liegen bis zu seinem unerwarteten Tod am 4. 7. 1979, der alle, die ihm nahe standen, tief erschütterte, fast 400 Publikationen von Max Beier vor. Ein vollständiges Verzeichnis dieser Arbeiten hat der Autor dieses Nachrufs im 83. Band der «Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien» zusammengestellt. Beier hat nicht nur die systematische Gliederung der Pseudoskorpione und der Mantodea durch zahlreiche Einzelarbeiten, größere Revisionen und zusammenfassende Schriften auf neue Grundlagen gestellt, sondern war auch als Herausgeber des «Orthopterorum Catalogus» (Junk-Verlag Haag), Hauptredakteur der 2. Auflage des Insektenbandes im «Handbuch der Zoologie» und Mitherausgeber der «Bestimmungsbücher zur Bodenfauna Europas» tätig. Für die genannten Sammelwerke hat er auch selbst verschiedene Beiträge geschrieben. Neben hauptsächlich taxonomischen Arbeiten führte Beier auch an Orthopteren vereinzelt funktionsmorphologische Untersuchungen durch. Als Beispiel sei hier seine Studie über eine subtergale Wehrdrüse bei Poecilocerus hieroglyphicus Klug (Acridoidea-Pyrgomorphidae) angeführt. In Anerkennung seiner Verdienste um die wissenschaftliche Entomologie ernannten mehrere entomologische Gesellschaften im Ausland Beier zum Korrespondierenden Mitglied bzw. Ehrenmitglied. Er war Gründungspräsident der Österr. Ent. Ges. Die Deutsche Ent. Ges. verlieh Max Beier die Fabricius-Medaille 1966 und die Universität Innsbruck anläßlich ihrer 300-Jahre-Feier am 4. 6. 1970 das Ehrendoktorat. Beim VII. Internationalen Symposium über Entomofaunistik in Mitteleuropa, das am 20. September 1977 in Leningrad abgehalten wurde, zeichnete das Komitee Max Beier mit der «Ehrenmedaille für hervorragende Leistungen in der Entomofaunistik» aus. Diese letzte Auszeichnung konnte Beier krankheitshalber nicht persönlich entgegennehmen.