Contribution
Kleintektonische Fragen im Ruhr-Karbon
[Microtectonic questions in Carboniferous age rocks of the Ruhr-Region, Germany]
Michelau, Paul; Pilger, Andreas

Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft Band 100 (1948), p. 467 - 497
56 références bibliographiques
publié: Oct 25, 1948
DOI: 10.1127/zdgg/100/1948/467
ArtNo. ESP171010000026, Prix: 15.00 €
Kurzfassung
Für das Ruhrkarbon sind kleintektonische Untersuchungen in zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Einerseits haben sie praktischen Wert, andererseits geben sie über die genetischen Verhältnisse des Gebirgsaufbaues Aufschluß. Für die Praxis werden besonders die Kleinstörungen genau aufgenommen, die den Abbau der Kohle außerordentlich stören können. Auf vielen Zechen werden auch Schlechten vermessen, da sich die Gewinnung der Kohle, besonders in der flachen Lagerung, unter Berücksichtigung ihres Streichens und Einfallens, erheblich vereinfachen und beschleunigen läßt. Wichtig sind ferner auch Beobachtungen an Klüften, Schlechten und Störungen für die Wasserführung und Entgasung des Gebirges sowie für die Sicherheit beim Abbau. Für die genetische Deutung des Gebirgsbaues sind kleintektonische Untersuchungen darum besonders geeignet, weil die tektonischen Kleinformen wesentlich zahlreicher sind als die großen und in jedem noch so kleinem Aufschluß vorkommen. In der Steinkohle können sich z.B. mehr als 10 Schlechten in einem Zentimeter bilden. Außerdem sind sie hinsichtlich ihres Streichens, Einfallens, ihrer Ausbildung und ihrer Beziehungen zueinander meist deutlich zu übersehen. Doch sind die kleintektonischen Formen nicht nur zahlreicher, sondern auch viel mannigfaltiger als die großen. Denn es entstehen nicht nur solche, welche die Großformen nach Form und Aussehen widerspiegeln, sondern auch andersartige, welche sich lediglich auf Grund derselben mechanischen Bedingungen wie jene bilden, wie z.B. Q-Klüfte als Zerrungsgebilde in einer Pressungsphase oder Fiederspalten. Aus diesem Grunde ist, was gerade auch fürs Ruhrkarbon zutrifft, ihre Deutung nicht immer so einfach, weil gleiche Formen mehrere Möglichkeiten der Erklärung zulassen. Dies gilt besonders für die niedersten tektonischen Formen, die Klüfte und Schlechten. Klüfte und Schlechten werden von den Verfassern in Spaltungsklüfte bzw. -schlechten und Störungsklüfte bzw. -schlechten eingeteilt. Die ersten stellen die einfachsten Formen dar und finden sich überall im Ruhrkarbon in mehreren Systemen, Richtungen und Altersklassen. Unter den zweiten wird alles zusammengefaßt, was im Ruhrkarbon oder in anderen Kohlengebieten als Scheuren, Druckklüfte, Verschiebungsklüfte, Überschiebungsklüfte, b-, c-, d-Klüfte usw. bezeichnet wird. Sie stellen eine bereits höhere tektonische Form dar als die Spaltungsklüfte und bilden Übergänge von diesen zu den Störungen. - Beschrieben werden ferner Spalten und ihre Entstehung, verschiedene Kleinstörungen, Stauchungen, Fältelungen, Aufspießungen von Flözen usw. Alle kleintektonischen Formen stehen mit der orogenen Ausgestaltung des Ruhrkarbons im Zusammenhang. Ein Nachweis gemeiner bzw. diagenetischer Klüfte und Schlechten ist wegen der starken Dislozierung des Ruhrkarbons sehr schwierig und nur unter besonderen Verhältnissen möglich. ...