Abstract

Pollenanalytische Untersuchungen zur Diluvialstratigraphie im westdeutschen Vereisungsgebiet

[Pollen studies of Diluvial stratigraphy of the western German region of glaciation]

Rein, Ulrich

Kurzfassung

In den letzten Jahren sind mehrere pollenanalytische Untersuchungen an altpleistozänen interglazialen Ablagerungen Westeuropas, von dem Cromer Forest Bed bis in den norditalienischen Raum, durchgeführt worden. Auch im westdeutschen Vereisungsgebiet können die Pollenspektren verschiedener Vorkommen zur Gliederung des älteren Diluviums herangezogen werden. So zeigt der Reuver-Ton, der im niederländisch-deutschen Grenzgebiet in vielen Gruben aufgeschlossen ist und von dem „ältesten Diluvialschotter“ überlagert wird, mit den Sporomorphen von Pinus hapl., Tsuga, Sciadopitys, Sequoia, Juglans, Carya, Pterocarya, Fagus, Castanea, Liquidambar und Nyssa noch das Bild einer oberpliozänen Pollenzusammensetzung. Im Ton vom Tegelen, der auf den ältesten Diluvialschottem ruht und von einer Hauptterrasse überlagert wird, ist bereits eine Verarmung des Waldes festzustellen. In dieser stratigraphisch wichtigen ältesten interglazialen Bildung am Niederrhein treten aber noch Tsuga, Cupressineae, Juglans, Carya, Pterocarya, Fagus und Liquidambar auf. Damit unterscheidet sich dieses Vegetationsbild von dem aller jüngeren Interglazialia. Innerhalb der Ablagerung ist eine gerichtete Entwicklung der Vegetation zu beobachten, wie sie einem echten Interglazial entspricht. Die Beziehungen dieser Ablagerung zur Günz-I-Vereisung konnte an dem vorhandenen Beobachtungsmaterial noch nicht geklärt werden. Pollenführende Schichten aus dem Mindel-Riß-Interglazial finden sich sowohl im Hülser Berg und den nördlich anschließenden Moränenzügen, wo sie von den Gletschern der Saale- (Riß-) Vereisung gestaucht wurden, als auch unter der Krefelder Mittelterrasse in ungestörter Lagerung. Diese „Krefelder Schichten“ enthalten einen verhältnismäßig hohen Anteil an Kiefern-, Fichten- und Tannenpollen und stammen aus einem Interglazial, das jünger sein muß als der Ton von Tegelen und mit den Berliner Paludinen-Schichten zu parallelisieren ist. Von den „Mörser Schichten“ des Riß-Würm-Interglazials liegen keine eigenen Untersuchungen vor. Auf Grund dieser neuen Beobachtungen muß auch das Profil der interglazialen Ablagerungen von Vogelheim aus dem Emschertal anders gedeutet werden. Zwar liegt es im Niveau der rißeiszeitlichen Mittelterrasse, enthält aber neben Tsuga und Pterocarya (Kräusel) nach eigenen Beobachtungen noch Pinus-hapl., Cupressineae, Taxodioidites hiatus>, Juglans, Carya, Fagus, Castaneoidites exactus, Nyssa und Rhooi-poll. dolium (R. Potonié). Wenn auch von diesen Sporomorphen nur Einzelexemplare festgestellt werden konnten, so ist diese Zusammensetzung nicht mit dem Bild des Mindel-Riß-Interglazials in Einklang zu bringen. Da außerdem auf Grund der geologischen Lagerungsverhältnisse eine ältere Bildungszeit als Mindel-Riß unwahrscheinlich ist und auch die Pollenexinen z. T. sehr stark korrodiert sind, muß angenommen werden, daß in diesen Flußabsätzen aufgearbeitete und umgelagerte ältere pleistozäne Interglazialbildungen oder gar jungpliozäne Ablagerungen eine wichtige Rolle spielen. Die besprochenen pollenanalytischen Untersuchungen der Landesstelle Nordrhein-Westfalen des Amtes für Bodenforschung sind in Gemeinschaftsarbeit mit Frl. A. Mückenhausen und Herrn Dr. v. d. Brelie ausgeführt worden.