Abstract
Tektonischer Vergleich zwischen Erde und Mond 241-242
[Comparison of terrestrial tectonics and that of the moon]
Bülow, K. v.

Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft Band 111 Heft 1 (1959), p. 252 - 253
published: Aug 3, 1959
DOI: 10.1127/zdgg/111/1959/252
ArtNo. ESP171011101032, Price: 15.00 €
Kurzfassung
Es liegt nahe, die Erde mit ihrem Trabanten zu vergleichen, ist auch schon oft und von namhaftesten Geologen geschehen. Die tektonischen Parallelen auf beiden sind gewichtiger als die — nicht-grundsätzlichen — Unterschiede. Auf dem Monde bedingt das Fehlen von Gas- und Wasserhülle das Fehlen von Sedimenten und damit von Faltentektonik. Es herrscht reine Bruchtektonik magmatischer Gesteine (Typ Island). Die tektonischen Indikatoren auf dem Mond sind weitgehend eindeutig und durch irdische Parallelen erhärtet (vgl. Verf., Tektonische Analyse der Mondrinde. .., Geologie Bd. 6, 1956, S. 565—609). Ebenso wie die subsedimentäre Fundamentaltektonik der Erde weist die sedimentfreie Kruste des Mondes zwei Schalenniveaus (Sial — Sima), Einbruchsbecken mit freiliegendem „Sima“, eine an den Polen offensichtlich verdickte, in Äquatomähe aber durch einen etwa äquatorparallelen Tiefengürtel geschwächte Kruste, ferner ausspitzende Kontinente, zwei große tektonische Diagonalsysteme (NW, NO) sowie meridional verlaufende und ebenso beherrschte Bruchzonen auf. Die Simaspiegel der ozeanischen Becken weisen wie auch die irdischen Ozeanböden Wülste (Schwellen) auf, die offenbar auf magmatische Aufwölbung längs vorgegebener Lineamente zurückgehen. Außer den echten, ozeanischen Becken gibt es im geschwächten Bereich der Mondkruste von Sima überstaute Sialtafeln, gleichsam fixierte Schelfe, sowie simagefüllte Bruchkessel im Zuge der Meridional-Zonen. Die Diagonalsysteme verraten auf beiden Himmelskörpern mechanische Spannungsfelder zur Zeit der Thorakogenese; die meridionale Zerspaltung der Kugelschale könnte auf Änderungen der polaren Abplattungsbeträge zurückgeführt werden. Die radiale Symmetrie der lunaren Kugelschale („Apfelsinenbau“), erkennbar an in gesetzmäßig scheinenden Abständen aufeinanderfolgenden meridionalen Bruchzonen, findet auf der Erde ihr Gegenstück in großen, ebenfalls annähernd gleichabständigen, meridionalen Baulinien: Atlantische Schwelle, afrikanisch-europäische Geosutur (Cloos), Ural-Indikhauptrücken, westlicher Rand der sibirischen Tafel bis Westrand Australiens, westlicher Pazifikrand und Ostrand Australiens, Kermadecrinne, Osterschwelle, Westrand Amerikas mit Atacamarinne. Im Unterschied zum Mond sind diese Lineamente auf einer Halbkugel um 10 bis 20° gegenüber der anderen Halbkugel verschoben, was auf eine nachträgliche Modifizierung des gesamtirdischen Bauplanes gedeutet werden kann. Die tektonische Entwicklung des Mondes umfaßt im wesentlichen: Thorakogenese (Krustenbildung) unter gleichzeitigem subkrustalem Materialtransport zu den Polen und suprakrustal auf die werdende Kruste; unter Zerscherung nach diagonalen Richtungen (bezogen auf die Rotationsachse) und meridionaler Zerspaltung sowie unter ständiger Entgasung.