Abstract

Braunkohlenwälder und Vulkane auf Teneriffa

[Brown coal forests and volcanos on Teneriffa island, Baleares, Spain]

Teichmüller, R.

Kurzfassung

Die Flora, die wir in der Gegenwart in den Sumpfgebieten der warmen Zonen finden, ist in der Regel eine andere als die der Braunkohlenmoore der Tertiärzeit. Die Flora hat sich eben seit jener Zeit weiterentwickelt. Nur in einem kleinen Refugium haben sich überraschend viele Vertreter der Tertiärflora — oder doch sehr nahe verwandte Arten — bis jetzt erhalten. Dieses berühmte Reservat altertümlicher Formen ist die Insel Teneriffa. Die Tertiärflora Mitteleuropas zeichnete sich bekanntlich durch eine Mischung europäischer, nordamerikanischer und ostasiatischer Formen aus (so beheimatet Ostasien heute Metasequoia, Sciadopitys, Glyptostrobus, Pandanus, Nordamerika dagegen Sequoia und Taxodium, Nyssa, Persea, Cyrilla). Die „Mischflora“ des Tertiärs konnte sich nämlich dank der damals günstigen Klimaverhältnisse zirkumpolar ausdehnen. Erst die Eiszeiten des Pleistozäns zerstückelten diesen großen einheitlichen Floragürtel. Seine Reste entwickelten sich fortan unabhängig voneinander weiter. Teneriffa ist mindestens seit dem Pliozän eine Insel. Da sie nur beschränkte Entwicklungsmöglichkeiten bot, blieben viele Arten der Tertiärflora hier in fast unverändertem Zustand erhalten. Da andererseits diese Vulkaninsel, ungeachtet ihrer Kleinheit, sehr verschiedenen klimatischen Standortsansprüchen gerecht werden konnte, ist die Zahl der Tertiär-Relikte überraschend groß, besonders in den Nebelwäldem an der Nordküste der Insel. Die Nebelwälder verdanken ihre Entstehung den Passat-Winden. Diese führen feuchte Meeresluft von Norden heran. Die warme, feuchte Luft steigt auf und kühlt sich dabei ab. Die Feuchtigkeit regnet zwischen 700 und 1600 m Höhe ab. In der Zone der Nebelwälder betreten wir den atlantischen Lorbeerwald. Er hat das besondere Interesse aller derer gefunden, die sich mit der Pflanzenwelt der Braunkohlenmoore befaßt haben, wie z. B. Heer, Unger, Schimper, Mägdefrau. Die Lorbeerwälder Teneriffas, die heute vor allem an die Schluchten des Gebirges gebunden sind, sind richtige Reservate von Florenrelikten des europäischen Tertiärs. Zu ihnen gehören in erster Linie Persea indica, Laurus canariensis, Smilax canariensis, Smilax mauritanica,Woodwardia radicans, Adiantemum reniforme, Asplenium hemionitis, Viburnum rugosum. Schröter beschrieb 1909 den Nebelwald folgendermaßen: „Es ist eine wahrhaft tropische Üppigkeit, die uns umgibt; mannshohe Farnwedel bilden ein Dickicht. Überall hängen Lianenstricke von den Bäumen herab und alle Baumstämme sind in dichte Moospelze gehüllt. Der Lorbeer bildet Stämme von einem halben Meter Durchmesser. Erikabäume von 7 m Höhe sind häufig. Die riesigen Magnoliumblätter der Pleiomerisbäumchen bilden ganze Schattendächer. Es ist der ursprünglichste, wildeste und üppigste Wald, den wir gesehen. “Die Lorbeerwälder zeigen, welche klimatischen Ansprüche die Tertiärrelikte stellen: Die Lorbeerwälder verlangen relativ viel Feuchtigkeit. Sie liegen in einer Zone, die ständig Nebelregen empfängt und sich durch milde Winter auszeichnet. Die Temperaturen sind sehr konstant. Sie schwanken zwischen 17° (im Winter) und 25° (im Sommer). Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 18° C. Auf trockenen Graten stellen sich Erica arborea (die Baumheide), Myrica faya und Kiefern ein, die vor allem auch für die höheren Regionen typisch sind. Die Vergesellschaftung von Ericaceen- und Kiefernpollen in der niederrheinischen Braunkohle braucht also nichts mit „Hochmooranflügen“ zu tun haben. Die relativ kühlen, trockenen Höhen von 1600—2000 m beheimaten heute fast ausschließlich den altertümlichen Pinus canariensis<>, der z. B. auch aus dem Tertiär von Murcia bekannt ist und dessen nächste Verwandte heute in Nordamerika leben. Die Vulkane der Kanarischen Inseln sind dem afrikanischen Schelf aufgesetzt. Sedimente sind am Aufbau von Teneriffa kaum beteiligt. Seit dem Pliozän war Teneriffa eine Insel. Vulkanische Gesteine, und zwar fast ausschließlich stratovulkanische Gesteine, bauen die Inseln auf. Der älteste Vulkanismus ist anscheinend miozänen Alters. Gefördert wurden im wesentlichen Alkalibasalte. Berühmt ist die riesige Caldera, in der sich der Pik hebt. Die Caldera hat einen Durchmesser von über 15 km. Ihre Entstehung ist noch nicht ganz geklärt. Vielleicht handelt es sich um einen Explosionstrichter, vielleicht um einen riesigen Einbruch über einem Vulkanschlot. Der Ringwall der Caldera ist aus zahllosen Einzelergüssen und Aschenlagen aufgebaut. Der Teide selbst ist ein großer Vulkan mit vielen parasitären Kegeln, aus denen die Lavaströme zur Caldera hinunterstürzten. Dabei ist gewöhnlich das erkaltete Dach der entleerten Schlackenröhre eingebrochen. Der Lavastrom selbst bildet unten in der Caldera große Schlackengirlanden. Auch aus dem kleineren Stratovulkan La Horca ergoß sich bei Puerto alkali-basaltische Lava ins Meer. Die Lavaströme benutzten bei ihrem Abfluß oft Täler, die sie dann bis oben hin auffüllten, oder sie ergossen sich wie ein Wasserfall die steilen Hänge hinunter.