Kurzfassung

Über älteres Miozän im Stadtgebiet von Frankfurt a.M.

[On older Miocene deposit in the city are of Frankfurt, Germany]

Tobien, H

Kurzfassung

Im Jahre 1885 beim Bau des Nordbassins (Gleim-, Ecke Kleiststraße, südlich des Frankfurter Hauptfriedhofes) von Kinkelin geborgene, von Stehlin 1930 und vom Vortragenden neuerdings revidierte Säugerfunde ergeben ein aquitanes Alter der Fundschichten. Unter den etwa 23 Spezies befinden sich der Nager Ligerimys sowie der bereits von Hürzeler (1949) erkannte hasenartige Prolagus vasconiensis. Beide Formen verleihen der Fauna ein innerhalb des Aquitans junges Gepräge, jünger als die Faunen von Weisenau, Budenheim usw. (Oberaquitan Hürzeler 1949). Burdigale Einwanderer fehlen jedoch. Die Fundschichten wurden bisher von Fischer & Wenz und Wenz auf Grund von Land- und Süßwasserschneckenfunden in das Obermiozän eingestuft (vgl. Erl. zu Bl. Frankfurt a. M. -Ost, geol. 1: 25000). Das Nordbassin selbst hat keine Gastropoden geliefert, wohl aber die Funde aus der Schleusenkammer von Niederrad (Kinkelin 1884), die nach Wenz (1921) in das Torton gehören. Die dabei gefundenen Kleinsäuger: Prolagus vasconiensis und Peridyromys pomeli sind jedoch Arten, die sich auch in der Nordbassin-Fauna finden. Damit entsteht der Verdacht, daß die Landschneckenmergel nicht in das Torton gehören, sondern älter sind. Unter den von Wenz (1921 und Foss. Catalogus) angeführten 33 Gastropoden-Arten und -Unterarten scheiden 15 — als nur auf die Frankfurter Landschneckenmergel beschränkt — für eine Altersdatierung aus, 12 sind auch aus vortortonischen Stufen bekannt. Unter den verbleibenden 6, die nur im Torton oder jüngeren Schichten vorkommen, befinden sich 3 Arten, die selten sind und für stratigraphische Zwecke ausscheiden müssen. Für die verbleibenden Klikia giengensis, Helicodonta (H.) involuta scabiosa (Sandb. ) und Leucochilus nouletianum (Dup. ) ergibt sich der Verdacht, daß sie stratigraphisch tiefer hinabreichen als bisher angenommen wurde. Für Klikia giengensis aus der Berner Molasse ist ein einwandfrei helvetisches Alter neuerdings durch Rutsch (S. 6 in Rutsch, Drooger & Oertli 1958) nachgewiesen worden. Ähnliche Widersprüche ergeben sich bei den dem Landschneckenmergel im Hangenden folgenden „Schichten mit Melania escheri und Melanopsis narzolina“. Auf Grund der darin enthaltenen Gastropoden wurden sie von Wenz (1921, S. 87) in das Sarmat gestellt. Die Ausdehnung dieser Schichten ist beträchtlich größer als die der nur auf den Raum Frankfurt beschränkten Landschneckenmergel. Unter den von Wenz (1921, S. 186 ff. ) aufgeführten Lokalitäten haben der Elmer Tunnel (Bl. Schlüchtern 5623) und der Bahneinschnitt von Erbstadt —Kaichen (Bl. Altenstadt 5719) Säugerreste geliefert. Vom Eimer Tunnel beschrieb Stehlin (1917, S. 197 ff. ) ein Anchitherium von burdigalem Gepräge sowie den bärenartigen Ursavus elmensis. Nach den von v. Seyfried (Erl. zu geol. Bl. Schlüchtern, S. 7, 1914) gegebenen Profilen besteht keine Veranlassung, am gemeinsamen Vorkommen der Melanien und der Säugetiere zu zweifeln. U. elmensis ist inzwischen durch Dehm (1950, S. 38) in der altburdigalen Säuger-Fauna von Wintershof-West (Bayern) nachgewiesen worden. Die 1930 von Stehlin und neuerdings vom Vortr. revidierten Säugerfunde von Erbstadt-Kaichen ergaben: Amphicyon crassidens (ML dext. ), mehrere Amphitraguliden (Extremitäten-Reste) sowie ein Rhinoceride (IL dext. fragm. ). Auch diese Faunula spricht nicht für Sarmat, dagegen würde einer burdigalen Altersdatierung nichts im Wege stehen. Demnach dürften auch die Gastropoden der Schichten mit Mel. escheri und Mel. narzolina eine größere zeitliche Verbreitung haben als bisher angenommen wurde. Obige Befunde lehren, daß das Obermiozän (Torton/Sarmat) im östlichen Teil des Mainzer Beckens hinsichtlich seiner Altersstellung keineswegs gesichert erscheint, sobald die Säugerfunde herangezogen werden, was bisher offensichtlich nicht in hinreichendem Ausmaß der Fall war.