Original paper
Alter und Entstehung der Langenaubacher Tuffbrekzie (Unterkarbon)
[Age and formation of the Langenaubacher tuff breccia (lower Carboniferous)]
Krebs, W.

Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft Band 117 Heft 2-3 (1968), p. 905 - 906
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published: Dec 1, 1968
DOI: 10.1127/zdgg/117/1968/905
ArtNo. ESP171011702059, Price: 15.00 €
Kurzfassung
In der näheren Umgebung von Langenaubach, am SW-Ende der Dill-Mulde, ist die oberdevonisch -unterkarbonische Schichtenfolge durch den Gegensatz von Becken- zu Schwellen-Fazies gekennzeichnet. Der lückenlosen, mächtigen, oberdevonisch-unterkarbonischen Becken-Fazies (= kontinuierliche Fazies-Entwicklung) steht auf der Schwelle die tiefoberdevonische Riff-Fazies gegenüber, die erst nach größerer Schichtlücke von unterkarbonischen Schichten überlagert wird (= diskontinuierliche Fazies-Entwicklung). Die Komponenten der Langenaubacher Tuffbrekzie stammen fast ausschließlich von der zertrümmerten Nordseite des tiefoberdevonischen Langenaubach-Breitscheider Riffes ab. Die von der Riff-Schwelle herabgestürzten Trümmer sind der unterkarbonischen Schichtenfolge der kontinuierlichen Fazies-Entwicklung konkordant eingeschaltet. Innerhalb der diskontinuierlichen Fazies-Entwicklung liegt die Brekzie dagegen als ältestes unterkarbonisches Schichtglied unmittelbar auf tiefoberdevonischem Riffkalk (Iberger Kalk). Die jüngsten unterkarbonischen Schichten, die in der kontinuierlichen Fazies-Ausbildung noch die Langenaubacher Tuffbrekzie unterlagern, sind die Liegenden Alaunschiefer. Die ältesten, seit Walliser u. Mitarb. bekannten unterkarbonischen Kalke in der Brekzie gehören der tiefen anchoralis-Zone der Conodonten-Chronologie an; sie entsprechen dem ältesten Niveau des Erdbacher Kalkes im Langenaubach-Breitscheider Riffkomplex. In der diskontinuierlichen Fazies-Entwicklung wird die Tuffbrekzie von fossilreichen Crinoidenkalken überlagert, die dem mittleren Niveau des ErdbacherKalkes angehören und einen höheren Teil der anchoralis-Zone umfassen. Die Bildung der Langenaubacher Tuffbrekzie erfolgte somit innerhalb eines vorerst nicht näher faßbaren Abschnittes der höheren Liegenden Alaunschiefer, der — wie auch an anderen Stellen des Rheinischen Schiefergebirges — bereits der tiefen anchoralis-Zone der Conodonten-Chronologie angehören muß. Die sehr widersprüchlichen Angaben älterer Autoren über Form der Komponenten und Beschaffenheit der Grundmasse der Langenaubacher Tuffbrekzie, die jeweils als kennzeichnend für die gesamte Brekzie angesehen wurden, finden ihre Erklärung darin, daß innerhalb der Langenaubacher Tuffbrekzie I (sensu Wiegel) zwei verschiedene Ausbildungen vorliegen, die zeitlich und genetisch scharf voneinander getrennt werden müssen. Entgegen Wiegel läßt sich nicht ein Mächtigkeitsmaximum der Tuffbrekzie beobachten; vielmehr liegen in Abhängigkeit des paläomorphologischen Riff-Reliefs zwei streifenartige Bereiche größerer Mächtigkeit vor. Der eine, nördliche liegt vor der äußeren Riff-Front (off-reef oder Becken-Fazies), der andere, südliche hinter dem ehemaligen Zentralen Riffareal (back-reef-Bereich der Schwellen-Fazies). Die größten Blöcke in der Brekzie, die mehrere m3 umfassen können, sind auf das riff-entfernteste Ende des nördlichen Streifens maximaler Mächtigkeit (= Haldenfuß) gebunden. Ausgangspunkt für die Bildung der Langenaubacher Tuffbrekzie ist der morphologisch die Becken-Fazies überragende Nordteil des „toten“ Langenaubach-Breitscheider Riffes. Diese zum Becken hin gelegene Riff-Front unterlag vom höchsten Oberdevon bis in das tiefe Unterkarbon einem mehrphasigen Riffzerfall (1—5), der seinen Höhepunkt in der Bildung der Langenaubacher Tuffbrekzie fand. Während es vom höchsten Oberdevon bis zum tiefsten Unterkarbon nur (1) zum beckenwärtigen Abgleiten vereinzelter Riff- und Cephalopodenkalk -Blöcke von der höher liegenden Riff-Front kam, fand in der tiefen anchoralis-Zone örtlich eine (2) intensive Brekziierung und Zertrümmerung des Riffkalkes entlang alt angelegter Spaltenzonen statt. Erst danach (3) wurde ein großer Teil des nördlichen Riffzuges zerstört. Eine riesige Blocklawine wälzte sich in das nördlich gelegene, morphologisch tiefere Becken und nahm dabei ältere, zum Teil noch unverfestigte Schiefer und Tuffe in sich auf. Auch in den südlich gelegenen, ehemals lagunären Bereich stürzten Schuttmassen hinein. Diese i. w. einphasig entstandenen Brekzien bilden den unteren Teil der Langenaubacher Tuffbrekzie (Typ A). Für die Phasen 2 und 3 können in gleichem Maße tektonische und vulkanogene Vorgänge verantwortlich gemacht werden. An den „Nahtstellen“ zwischen Schwellen und Becken vollzog sich die mit Beginn des Unterkarbons II einsetzende verstärkte Absenkung nicht bruchlos, sondern war mit staffelartiger, syngenetischer Dehnungstektonik verbunden. Diese Dehnungstektonik stand sicher wiederum in engem Zusammenhang mit den gleichzeitig einsetzenden submarinen Deckdiabas-Ergüssen. Starke Absenkungen führten zur Bildung von Spalten und zum Abreißen und Zerbrechen beckennaher Teile des Riffkomplexes; Erdbeben und begleitende ? Explosionen verursachten den Zusammenbruch der bereits zerrütteten nördlichen Riff-Front. Die haldenartig an den unzerstörten Riffklippen lagernden Brekzienmassen erfuhren in der nachfolgenden Zeit mehrfach Umlagerung und Abgleitung. Solche Vorgänge führten zur (4) Bildung der höheren Teile der Langenaubacher Tuffbrekzie I (Typ B) und (5) der Langenaubacher Tuffbrekzie II (sensu Wiegel). Letztere bildete lokale, z. T. gradierte Schuttströme an der beckenwärtigen Haldenflanke der älteren Tuffbrekzie I, welche sich bereits in die unterkarbonische Normalsedimentation der Becken-Fazies einschichten. Nach Auffassung des Vortragenden liegt bei der eigentlichen Langenaubacher Tuffbrekzie keine echte „Tuffbrekzie“ vor, bei deren Bildung die Komponenten durch Gasexplosionen durch die Luft geschleudert wurden. Bei dem „Tuff“-Material handelt es sich weitgehend um umgelagertes älteres oder eingelagertes jüngeres Material. Vielmehr haben (1) die primären Relief-Unterschiede zwischen Riff und vorgelagertem Becken, (2) die mit dem Unterkarbon II verstärkt einsetzenden Absenkungen und (3) die den Deckdiabas-Vulkanismus begleitenden Erd- oder Seebeben und ? Explosionen den Zerfall des nördlichen Teiles des Langenaubach-Breitscheider Riffkomplexes und damit die Bildung der Langenaubacher Tuffbrekzie bedingt. Die leider nur in Manuskriptform vorliegende Auffassung Kegels, daß die Langenaubacher Tuffbrekzie durch Riffzerfall entstanden ist, kann somit bestätigt werden. Diskussion: Stengel-Rutkowski, Pauly, Weyl, Dengler, Krebs.