Nachdem sicher ist, dass Deutschland die selbstgesteckten Klimaschutzziele für 2020 nicht erreichen wird, nach dem sehr heißen und in weiten Teilen des Landes sehr trockenem Sommer 2018 und nach der Klimakonferenz in Katowice ist die Klimadiskussion in weiten Kreisen der Bevölkerung neu entfacht, was sich auch in den Medien widerspiegelt. Es nimmt aber nicht wunder, dass die Kenntnisse über das Klima und seine Veränderungen in der Bevölkerung (einschließlich der akademisch Gebildeten) ziemlich löchrig sind. Das bestätigt die These, dass Klima-Bildung heute wichtiger ist denn je, da der Klimawandel nicht mehr zu leugnen ist. Wenn auch Deutschland unter den Emittenten von Treibhausgasen keine Spitzenposition einnimmt, so sind doch Kenntnisse darüber unerlässlich.
Das hier zu besprechende Buch mit seinen 32 meist farbigen Abbildungen und 11 Tabellen setzt sich zum Ziel, den gegenwärtigen Stand der Klimaforschung einem breiten Leserkreis zu vermitteln. Der Verlag ist dem Anliegen entgegengekommen, indem das kleine Buch sehr ansprechend gestaltet wurde und so zum Lesen geradezu einlädt. Der Verfasser ist einer der bekanntesten deutschen Klimaforscher, der den jeweils neuesten Stand seiner Wissenschaft schon seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit in Wort und Schrift nahebringt, so auch durch populärwissenschaftlich verfasste Bücher.
Das Buch enthält 14 Kapitel sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis und nationale sowie internationale Internet-Links. Die Kapitel 2 bis 4 enthalten nach einem Abriss zur Klimaforschung vor allem Grundlagen, die die Atmosphäre, das Wetter und dessen Langzeitstatistik, das Klima, betreffen. Sehr wichtig ist die Beschreibung des Klimasystems der Erde mit seinen Komponenten und äußeren Einflüssen, den Wechselwirkungen und Rückkoppelungen. Wenn man dieses System etwas verinnerlicht, so ergeben sich im Prinzip zutreffende Vorstellungen über die Ursachen von Klimaänderungen (Kap. 5).
Die Entwicklung von Klimamodellen gehört zu den hervorragenden Leistungen der Wissenschaft, auch wenn von „Klimaskeptikern“ gerade diese Modelle gern diffamiert und ihre Möglichkeiten infrage gestellt werden. Der Leser erhält hier knappe, aber hinreichende Informationen über die Klima- wie auch Impaktmodelle. Wünschenswert wäre die Einfügung einer schematischen Abbildung gewesen, die ein globales Klimamodell mit einem thermo-hydrodynamischen Kernmodell und angekoppelten Teilmodellen zeigt (Kap. 6).
Das Kapitel 7 „Klimaphysik“, das das umfangreichste im Buch ist, enthält vor allem Angaben zur atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation, zum Strahlungs- und Wärmehaushalt sowie zu den Strahlungsprozessen, die mit dem natürlichen und anthropogenen Treibhauseffekt aufs engste verbunden sind.
Die noch folgenden Kapitel sind den Klimaänderungen gewidmet. Der Autor ist zu Recht der Meinung, dass man den Klimawandel nicht isoliert, sondern als Teil der Entwicklung der Atmosphäre im Anthropozän auffassen sollte. Daher erfährt der Leser Wichtiges zum Klima seit der Frühzeit der Erde und der Atmosphäre (Paläoklima), dessen Zeitspanne sich bis zum Pleistozän erstreckt. Bereits in dieser sehr langen Zeit wechselten Eiszeitalter und Warmzeiten einander ab, über die besonders im Pleistozän viele Einzelheiten bekannt sind (Kap. 8). Genaueres zum Klima ist für das Holozän bekannt, d.h. die Zeit seit der letzten Kaltzeit, die der sich entwickelnden menschlichen Gesellschaft sowohl kühlere als auch wärmere, oft klimatisch sehr variable Zeitabschnitte brachte (Kap. 9). Die letzten 200 bis 250 Jahre bezeichnet der Autor als Neoklima, über das – vor allem seit Vorliegen sehr langer Temperaturreihen und früher Niederschlagsangaben – viel bekannt ist, auch über Beziehungen zu historischen Ereignissen. Das bekannteste Beispiel für eine klimatisch variable, im Mittel kühlere Phase ist die „Kleine Eiszeit“ (Kap. 10). Die gegenwärtige Entwicklung mit der Anfang des 20. Jahrhunderts einsetzenden Erwärmung und den aufziehenden Klimawandel informiert das Kapitel 11 „Ursachendiskussion (Neokilima) und Zukunftsperspektiven“. Hier findet der Leser die aktuellen Kenntnisse über den weltweiten Klimawandel. Eng verbunden damit ist die Steigerung der Häufigkeit von Extremereignissen, die in Kapitel 12 diskutiert werden. Über die Auswirkungen der Klimaänderung ist schon viel bekannt; sie betrifft Flora und Fauna, aber auch die mit der Natur unmittelbar verbundenen Wirtschaftszweige (Kap. 13). Am Ende des Buches (Kap. 14) behandelt der Verfasser kritisch die Fragen von Klimaschutz und Klimapolitik. Gerade auf letzterem Gebiet gab und gibt es viele Konferenzen mit Absichtserklärungen, aber bisher nur ganz wenig praktische Erfolge. Daher ist es notwendig, Anpassungsmaßnahmen zu überlegen und möglichst frühzeitig in den voraussichtlich vom Klimawandel besonders betroffenen Gebieten vorzubereiten.
In diesem nur 132 Seiten umfassenden Buch hat der Autor einen großen Bogen vom frühesten Klima bis zum Wandel des Klimas im Anthropozän geschlagen und damit das eingangs formulierte Anliegen voll erfüllt. Das Buch ist vor allem für akademisch Gebildete, Studenten, aber auch für einen darüber hinausgehenden Leserkreis gut geeignet, zu realistischen Vorstellungen über unser sich schnell veränderndes Klima zu gelangen. Das ist dem großen Wissen und nicht zuletzt dem didaktischen Geschick des Autors zu verdanken, was sich überall im Text widerspiegelt.
Prof. Dr. Peter Hupfer, Berlin
Naturwissenschaftliche Rundschau 72. Jahrgang, Heft 2, 2019