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Die Bodenverhältnisse der Seen bilden ein schwieriges Kapitel, weshalb
sie auch lange relativ unbearbeitet geblieben sind. Die erste
grundlegende Arbeit auf diesem Gebiete datiert jedoch bereits aus dem
Jahre 1862. Wir verdanken sie dem schwedischen Naturforscher Hampus
von Post. Er führte die erste Haupteinteilung der Sedimente aus, und
mit scharfem Blick für das Wesentliche unterschied er als zwei
Haupttypen Gyttja und Dy. Diese Untersuchungen blieben lange Zeit
unbeachtet. Erst während der Jahre um die Jahrhundertwende herum
begann die nun immer fleißiger studierte Limnologie sich diesen Fragen
zuzuwenden. Wesenberg-Lund (1901) war der erste, der Hampus von Posts
Gesichtspunkte wieder aufnahm. Da sein Arbeitsgebiet indessen ganz
anderen Charakters war als das von Posts, übersah er die großen Linien
in der Arbeit dieses Forschers, deren regionale Bedeutung erst in
letzter Zeit gebührend gewürdigt worden ist.
Gegen Ende des ersten Jahrzehnts unseres Jahrhunderts veröffentlichte
Potonie (1908) seine Studien über die Schlammablagerungen. Sie
enthalten hauptsächlich eine Prüfung der Literatur mit ausführlicher
Synonymendarstellung, wobei in wesentlichem Grade chemische
Gesichtspunkte, jedoch etwas zu einseitig, der Erörterung der
Sedimenttypen zu Grunde gelegt worden sind. Die Arbeit gründet sich
auf ein allzu kleines Material von empirischen Untersuchungen. Ihr
dürfte gegenwärtig der Hauptsache nach nur noch geschichtliche
Bedeutung zukommen.
Die Bodenforschung trieb auf diese Weise sozusagen auf der Ladung und
konnte nicht aus diesem Zustande herauskommen, bevor eine gründliche
Revision vor allem der Arbeitsmethoden selbst vorgenommen wurde. Eine
solche führte endlich Naumann 1917 aus, der in systematischer
Ausdehnung Becherlote an wandte und später auch das Rohrlot einführte,
also diskontinuierliche bzw. kontinuierliche Probeentnahme i n
vertikaler Richtung. Dies ermöglichte, die Zonierung der Ablagerungen
genauer zu bestimmen, was wiederum die Voraussetzung für eine Revision
der Begriffsbildung war. Naumann nahm so Hampus von Posts obenerwähnte
Haupteinteilung wieder auf und betonte die Wichtigkeit einer Sonderung
des allochthonen und autochthonen Materials sowie der Verteilung
desselben auf litorale und profúndale Typen. Dies ist die
Idealeinteilung, gegründet auf genetische Gesichtspunkte. Leider kann
sie keineswegs immer durchgeführt werden, nicht einmal bei Arbeit mit
rezentem Material.
Die Torfgeologie hatte nun auch eine sichere Entwicklung erreicht
(Lennart von Post u. a. 1909, Sern and kr 1910 und eine Reihe seiner
älteren, darin zitierten Arbeiten). Durch von Posts Arbeiten war auch
die Methodik auf diesem Gebiete weiterentwickelt worden. Auch hatten
diese Forscher den Bildungsbedingungen der fossilen Sedimente ihre
Aufmerksamkeit zugewandt. Beim Arbeiten mit fossilem Material ergeben
sich sozusagen mehr schematische Gesichtspunkte für die Sedimenttypen,
und die fossilen Sedimente dürfen daher nicht vernachlässigt werden.
Während der Arbeiten des Verfassers an der Geologischen Landesanstalt
Schwedens hatte er Gelegenheit, diese beiden Entwicklungslinien näher
zu verfolgen — die fossile Torfanalyse, in erster Linie vertreten
durch Lennart von Post, und die rezente in der Form, wie Naumann sie
ihr damals gegeben hatte. Von Post verdankt er die Anregung dazu,
eine genauere Untersuchung über fossile Kalksedimente unter
Beobachtung der genetischen Gesichtspunkte auszuführen, die die
schwedische Torfgeologie mit Rutger Sernander und Lennart von Post an
der Spitze mit so großem Erfolg auf eine Reihe anderer Bodenarten
angewandt hatte.
Die entwicklungsgeschichtlichen Seenuntersuchungen, zu denen diese
Studien führten, zeigten indessen bald, daß die Technik der
Untersuchung fossilen Schlammes einer gründlichen Revision
bedurfte. So wurde der Autor zunächst zur Einführung der Bohrtechnik beim
Studium der Lagerfolgen der Seen veranlaßt. Es erwies sich da bald,
daß die Arbeit unbedingt auf Linienprofile und synchrone Niveaus
gegründet werden mußte. Dies ist nämlich die erste Voraussetzung für
das Verständnis des Baues der Lagerfolgen und das Auftreten der
Mikrofossilien. Die zweite Voraussetzung war ein weiterer Ausbau der
Arbeitsmethoden, so daß man von See zu See wenn möglich vergleichbare
Werte erhalten konnte. Die dritte und in gewisser Hinsicht
ausschlaggebende Voraussetzung für ein volles Verständnis teils jedes
Sees für sich und teils jedes Sees im Zusammenhang mit anderen Seen
war die Einstellung der Arbeit auf regionalen Grund. Regionale
Gesichtspunkte haben sich bekanntlich in hohe m Grade innerhalb
verschiedener Teile der Geologie geltend gemacht, nicht zum wenigsten
innerhalb der Torfgeologie. Die Limnologie stand dagegen lange
derartigen Problemstellungen fremd gegenüber. Es war in Wirklichkeit
erst Naumann (1921a. u. a.), welcher die regionale Limnologie
begründete, die nun endlich mehr und mehr sich durchzusetzen beginnt.
Eine erste allgemeine Bearbeitung der "Bodenablagerungen des
Süßwassers" nach modernen Gesichtspunkten wurde von Naumann 1921b,
gestützt auf rezentes Material, geliefert. Als der Vorschlag gemacht
wurde, in die Sammlung "Die Binnengewässer" eine erneute Bearbeitung
dieser Probleme in ihrer Gesamtheit einzufügen, war der ursprüngliche
Plan der einer Zusammenarbeit zwischen E. Naumann, H. Thomasson und
dem Verfasser, wobei Naumann und Thomasson das rezente, und der
Verfasser das fossile Material bearbeiten sollten. Bei ihren
Besprechungen hierüber sind sie jedoch zu dem Resultat gekommen, daß
es vorteilhafter sei, der auf die Analyse der fossilen Ablagerungen
gegründeten entwicklungsgeschichtlichen Seenlehre, deren Methodik
schon einen beträchtlich höheren Grad von Einheitlichkeit erreicht
hat, eine besondere Bearbeitung zu widmen. Die übrigen zu dem
Problemkomplex "Die Bodenablagerungen des Süßwassers" gehörigen Fragen
dürften später zum Gegenstand anderer Sonderdarstellungen in dieser
Serie gemacht werden.
Wenn der Autor nun diese Übersicht über die Entwicklungsgeschichte der Seen,
studiert auf quantitativer Grundlage, unter Anlegung regionaler
Gesichtspunkte nach so gut wie durchgehends völlig neuen Methoden,
vorlegt, so will er doch die Bemerkung vorausschicken, daß die
Methoden weder absolut endgültige noch die Resultate so weit geführt
sind, wie sie überhaupt geführt werden können. Die vorliegende Arbeit
ist daher wesentlich als Ausgangspunkt für eine immer mehr zu
erweiternde Kenntnis des für das Verständnis der naturgeschichtlichen
Entwicklung eines Landes so wichtigen Kapitels der Seen und ihrer
Entwicklungsgeschichte zu betrachten. Erst wenn eine große Anzahl
Untersuchungen in verschiedenen Ländern und Klimagebieten nach den
Gesichtspunkten, deren erste Grundlagen sich nun zu erkennen geben,
vorliegen werden, wird eine regionale Zusammenstellung auf mehr
internationaler Basis möglich sein.