Mit diesem Buch wird die zwanglose Folge monographischer
Beschreibungen deutscher Bundesländer aus der Schweizerbart'schen
Verlagsbuchhandlung fortgesetzt (bisher Bayern I 1988,
Baden-Württemberg 1991, Bayern II 1993, Thüringen 1994 und 2003,
Nordrhein-Westfalen 1998, Mecklenburg-Vorpommern 2004). Es gibt einen
kurz gefassten, aber dennoch gelungenen Überblick über die
mannigfaltigen geologischen Verhältnisse des von Rheinland-Pfalz
eingenommenen Areals aus der Sicht und als Ergebnis der geologischen
Bearbeitung eines staatlichen geologischen Dienstes; es trägt -
stark komprimiert - auch den angewandten Geowissenschaften des
Landes Rechnung. An der Darstellung des aktuellen Kenntnisstandes
waren 21 Autoren beteiligt.
Im einleitenden ``Geographisch-naturräumlichen Überblick'' (5 S.)
werden Morphologie und Bodennutzung der Landschaften (Eifel, Hunsrück,
Mittelrhein, Taunus, Westerwald, Trierer Bucht, Pfälzer Wald,
Saar-Nahe-Bergland, Rheinhessisches Tafel- und Hügelland,
Oberrheinisches Tiefland) knapp skizziert.
``Die Erdgeschichte von Rheinland-Pfalz im Überblick'' (283 S.)
beginnt mit einer kurzen Erforschungsgeschichte - getrennt für die
regionalgeologischen Einheiten - und einem Abriss des
erdgeschichtlichen Werdegangs. Anschließend werden in acht Kapiteln
die stratigraphischen Einheiten vom Prädevon bis zum Quartär
behandelt:
Das Prädevon ist auf zwei Vorkommen am Südrand des Hunsrücks
(Wartenstein- Mörschied-Griebelschied und Schweppenhausen) beschränkt.
Der hier aufgeführte Orthogneis granitischer Zusammensetzung von
Albersweiler (Platznahme des Protolithen vor ca. 370 Mio. a,
Metamorphose-Alter 330 Mio. a) aus der Mitteldeutschen Kristallinzone
müsste dem Devon bzw. Karbon zugerechnet werden (vgl. auch Abb. 31).
Das Devon nimmt - entsprechend seinem großen Anteil an den zutage
tretenden Gesteinen und der Regionengliederung in 28 Faziesgebiete -
breiten Raum ein, wobei zuerst die paläogeographische Entwicklung und
Sedimentation interpretiert und danach die Schichtenfolgen der
Regionen beschrieben werden; die umgekehrte Reihenfolge hätte
zweifelsohne wesentlich zum besseren Verständnis der beträchtlich
wechselnden Sedimentationsvorgänge und der differenzierten
paläogeographischen Verhältnisse während des Devons im Rheinischen
Schiefergebirge beigetragen. Die auf den ersten Blick verwirrende
Vielzahl stratigraphischer Bezeichnungen kann von den mit der Materie
nicht vertrauten Lesern in 17 Text-Tabellen - für das Unterdevon
jeweils mit Kartogramm, aus welchem die Lage der betreffenden Region
zu ersehen ist - zeitlich-räumlich erfasst werden. Die verschiedenen
Abfolgen des Devons in den 28 Regionen sind zusätzlich auf zwei
Falttafeln im Anhang (Anlage 1) korreliert. Das Kapitel Devon endet
mit einer Erläuterung der vulkanischen Aktivitäten.
Ähnlich umfangreich ist das ``Permokarbon'' dargestellt (Warum nicht
``Karbon und Perm'', wenn beide in einem Kapitel zusammengefasst
werden müssen bzw. sollen?), wobei die Saar-Nahe-Senke entsprechend
ihrer Bedeutung für die stratigraphische Gliederung der variszischen
Innenmolassen im Vordergrund steht. Hier wird allerdings die seit
langem bekannte Tatsache, dass die in marinen Abfolgen definierte
Grenze Karbon/Perm (= Gzhel/Assel) der internationalen
Standardgliederung (jetzt bei 296 Mio. a festgelegt) nicht mit der für
die terrestrischen Abfolgen Mitteleuropas gebräuchlichen Grenze
Stefan/Rotliegendes (festgelegt mit dem Einsetzen von Autunia
conferta, jetzt bei etwa 300 Mio. a zu suchen) übereinstimmt, noch
immer als ein ``grundsätzliches Problem'' gesehen. Kurze Ausführungen
über das Rotliegende der im Rheinischen Schiefergebirge gelegenen
Wittlicher Senke sowie recht ausführlich über den vorherrschend
terrestrischen Zechstein der südlichen Pfalz und des Pfälzer Berglands
beschließen dieses Kapitel.
Für ``mitteldeutsche'' Geologen besonders interessant ist die
Ausbildung der detailliert beschriebenen Abfolgen von Buntsandstein,
Muschelkalk und Keuper im südwestlichen Germanischen Becken für den
Bereich der Hessischen Senke (Pfalz und Rand der Haardt) sowie der
Eifeler Nord-Süd-Zone (Trierer Bucht). Neuerungen in der
Buntsandstein-Stratigraphie der Pfalz ermöglichen eine bessere
Korrelation mit der bekannten Standardabfolge im rechtsrheinischen
Germanischen Becken und den Anschluss der Abfolgen in der Trierer
Bucht. Davon betroffen ist auch die Grenzziehung zwischen Zechstein
und Buntsandstein. Vor allem für den Oberen Muschelkalk zeigt sich -
biostratigraphisch begründet - eine Diskrepanz zwischen herkömmlicher
lithostratigraphischer Schichten-Gliederung und den als Formationen
und Subformationen ausgehaltenen teilweise diachronen
Lithofazies-Einheiten. Den Rezensenten - und sicher auch die weitaus
meisten, der mit der Trias-Stratigraphie Deutschlands nicht befassten
Geologen - erfreut die offizielle Verwendung der traditionellen,
lithologisch begründeten Schichten-Bezeichnungen anstelle der von der
Subkommission Perm-Trias der Deutschen Stratigraphischen Kommission
vorgeschlagenen schablonenhaften, nichtssagenden
Formationsgliederungen für Muschelkalk und Keuper.
Gesteine des Juras treten reliktisch am Ostrand der Haardt und in der
Trierer Bucht an der Oberfläche auf; eine Tiefbohrung hat im
Oberrhein-Graben solche des basalen Doggers und ein fast vollständiges
Profil des Lias angetroffen. Für zwei schlot- bzw. gangförmige
``basaltische'' Magmatite wurde radiometrisch Unterkreide- Alter (ca.
110 Mio. a) ermittelt.
Ablagerungen des Tertiärs sind in Rheinland-Pfalz weit verbreitet,
aber nur im Oberrhein-Graben (hier fast vollständig von Quartär
bedeckt) und im Mainzer Becken (zutage tretend) in größerer
Mächtigkeit und - abgesehen vom Paläozän - auch weitgehend vollständig
ausgebildet. Die Vorkommen im Nordpfälzer Bergland, Hunsrück und
Taunus resultieren zumeist aus der Rupel-Transgression in altangelegte
Täler, die des Neuwieder Beckens und des Westerwalds liegen in einer
Senkungszone, die sich im variszischen Streichen von der Trierer Bucht
bis in die Gegend von Kassel erstreckt. Der tertiäre Vulkanismus ist
auf den Westerwald und die Hocheifel konzentriert. Einen Überblick
über die Abfolgen des Tertiärs gibt die Falttafel im Anhang (Anlage
2).
Die durchweg im eisfreien Gebiet gebildeten Ablagerungen des Quartärs
weisen wegen der Klimaschwankungen sowie aufgrund der vulkanischen
Aktivitäten in der Eifel und tektonischer Vorgänge (Absenkung des
Oberrhein-Grabens, Hebung des Rheinischen Schiefergebirges)
mannigfaltige Ausbildungen auf. Zu nennen sind die pleistozänen
Terrassen des Rheins und seiner Nebenflüsse, die darauf in den
Kaltzeiten abgelagerten äolischen Sedimente, die periglazialen
Deckschichten und das Pleistozän im Oberrhein-Graben, die Auenlehme
des Holozäns sowie die Ablagerungen der Vulkan-Felder in der West- und
Osteifel, im letzteren mit der vor 12.900 Jahren geförderten Laacher
See-Tephra (Trass) als jüngster vulkanischer Bildung. Die zeitlich
Einordnung der pleistozänen Ablagerungen ist aus einer weiteren
Falttafel (Anlage 3) zu ersehen.
Die angewandten Geowissenschaften sind mit fünf Kapiteln vertreten:
Böden (5 S.), Lagerstätten (15 S.), Ingenieurgeologie (14 S.),
Hydrogeologie (17 S.), Geochemie (6 S.). Die Böden der zahlreicher als
in Kapitel 1 ausgehaltenen Naturräume werden anhand der
``Bodenkundlichen Kartieranleitung'' charakterisiert, wobei die
geologische Großgliederung in Grundgebirge einschließlich Vulkaniten,
paläozoisches Deckgebirge, mesozoisches Deckgebirge und känozoische
Becken zugrunde gelegt ist. Von den Lagerstätten unterschiedlicher
Rohstoffe werden seit einigen Jahrzehnten fast ausschließlich, aber in
großer Vielfalt und Menge über das ganze Land verteilt, Steine und
Erden gewonnen. Zu nennen sind weiterhin die Förderung von Erdöl und
Erdölgas im Oberrhein-Graben sowie von sehr geringen Mengen Sole für
den Kur- und Badebetrieb. Die Möglichkeit der Gewinnung geothermischer
Energie im Oberrhein-Graben ist erwähnt. Im Kapitel Ingenieurgeologie
wird ein Überblick über die Baugrundverhältnisse (Gesteins- und
Gebirgseigenschaften, Bodensenkungen und Standsicherheit
unterirdischer Hohlräume, Rutschungen) und die Erdbeben-Gefährdung
gegeben, im Kapitel Hydrogeologie werden die hydrogeologischen Räume
ausgegliedert und charakterisiert sowie die Verteilung der Mineral-
und Thermalwässer aufgezeigt. Das Kapitel Geochemie beinhaltet die
Verteilung von Spurenelementen in den Bachsedimenten der
Großlandschaften.
Ein ausführliches Verzeichnis mit den im Text zitierten Schriften (38
S.) ermöglicht eine intensivere Beschäftigung mit interessierenden
Teilfragen. Der Inhalt des Buches lässt sich über Sach- und
Ortsregister erschließen. Zur Ergänzung wird die ebenfalls vom
Landesamt herausgegebene Geologische Übersichtskarte von
Rheinland-Pfalz im Maßstab 1 : 300.000 (GÜK 300) empfohlen. Sie kann
vom Landesamt oder über den Verlag bezogen werden (Preis 5,00 EUR).
Trotz sorgfältiger Redaktion haben sich einige, teilweise formale
Unzulänglichkeiten und Fehler eingeschlichen, die bei einer späteren
Neuauflage beseitigt werden sollten: Befremdlich - aber vielleicht
typisch für eine Landesbehörde - ist die Anonymität, die dieses
wissenschaftliche Werk ausstrahlt (abgesehen vom alphabetischen
Verzeichnis der Autoren im Impressum und von der Nennung der
Fotografen bei den Abbildungsunterschriften); die Autoren sollten
möglichst unter den Überschriften der einzelnen Kapitel bzw.
Abschnitte, vielleicht schon im Inhaltsverzeichnis genannt werden.
Nicht immer befriedigen können die Abbildungen bzw.
Abbildungsunterschriften: So fehlen z. B. bei den Abbildungen 1, 3,
14, 21, 28 die für das Verständnis notwendigen Legenden; bei Abb. 8
und 135 wird nur die Lokalität genannt, aber nicht die geologische
Situation erläutert; bei Abb. 104 fehlt der Maßstab. Falsch - wenn
auch anderswo nicht selten zu finden - ist der Verzicht auf
Flexionsendungen bei den Bezeichnungen für übergeordnete und
lithostratigraphische Einheiten. Richtig muss es heißen (vgl. DUDEN,
alte und neue Rechtschreibung), z. B.: Rotliegendes, das Rotliegende,
des Rotliegenden; des Zechsteins, Buntsandsteins, Devons; des
Hunsrückschiefers, Muschelsandsteins; des Tuffs III u.s.w. Zu begrüßen
ist der Verzicht auf die Latinisierung der Stufen- Bezeichnungen -
Tertiär und Pleistozän ausgenommen; besonders bemerkenswert
Holsteinium, Saalium, Weichselium; warum dann nicht auch
Mittelweichselium statt Mittelweichsel? Weiterhin müssen einige
grammatikalische und Schreibfehler getilgt werden.
Dem Verlag gebührt Anerkennung für die vorzügliche Ausstattung, jetzt
auch mit farbigen Abbildungen (einschließlich Fotos) und Tabellen.
GERHARD KATZUNG, Berlin
Beiträge zur Geologie von Thüringen, N.F. 12(2005)