Das äußerlich schmale Büchlein enthält bemerkenswert viele
kompakte Informationen! Diese stützen sich auf die langjährige
Forschungstätigkeit des Autors. Christian-D. Schönwiese ist
Klimatologe und Professor am Institut für Atmosphäre und Umwelt der
Goethe-Universität in Frankfurt.
Nach einführenden Kapiteln über Entwicklung und Inhalte der
Klimaforschung, Zusammenhänge zwischen Atmosphäre, Wetter und Klima
sowie über grundsätzliche Methoden der Wetter- und Klimaforschung
werden das Klimasystem (die das Klima bestimmenden Komponenten wie
Atmosphäre, Ozeane, Beschaffenheit der Erdoberfläche u.a. und ihre
Wechselwirkungen), die Klimaphysik (Entstehung der Wetterphänomene)
und Klimamodelle („der Versuch, die Erkenntnisse der Klimaphysik in
ein rechenfähiges Konzept umzusetzen", S. 46 ) erklärt. Anschließend
wird der zeitliche Bogen weit in die Erdgeschichte zurück gespannt von
der Frühzeit der Erde (Paläoklima) bis in die heutige Zeit (Neoklima
der letzten 200 bis 250 Jahre). Es folgt eine Diskussion der Ursachen
des Neoklimas sowie der Zukunftsperspektiven, und die
unterschiedlichen Auswirkungen des Klimawandels werden beleuchtet. Ein
abschließendes Kapitel widmet sich dem Klimaschutz und der
Klimapolitik. Ergänzt werden die Ausführungen durch ein umfangreiches
Quellenverzeichnis, eine Liste weiterführender Literatur und
Internet-Links sowie ein detailliertes
Stichwortverzeichnis. Zahlreiche Grafiken und Tabellen
veranschaulichen den Text.
Für mich war es spannend zu erfahren, wie vielerlei Faktoren das
Klima und damit auch Klimaveränderungen beeinflussen, wie komplex ihr
Zusammenwirken ist und welch unterschiedliche Forschungen zu ihrer
Ergründung angewandt werden. Beeindruckt hat mich der Rückblick auf
die verschiedenen Epochen der Erdgeschichte, aus dem deutlich wird,
dass es im Laufe dieser Geschichte wellenförmig enorme
Klimaveränderungen gab, die jedoch extrem langsam vonstattengingen,
wogegen der derzeitige Trend eine vergleichsweise rasante Entwicklung
mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt.
Die Ursachen des aktuellen Klimawandels, sowohl die natürlichen als
auch die anthropogenen sowie ihre Wechselwirkungen, werden
differenziert erläutert und ihr quantitativer Beitrag zum
Treibhauseffekt dargelegt. Dabei werden auch irreführende
Darstellungen aus der öffentlichen Diskussion
aufgedeckt. Zukunftsprojektionen mittels Klimamodelle stellen die
künftig zu erwartenden Veränderungen in unterschiedlichen Szenarien
dar, wobei auf die großen Unsicherheiten in der Vorhersagbarkeit
hingewiesen wird. Gravierend sind die anschließend thematisierten
Auswirkungen des Klimawandels, die sich noch mit weiteren, nicht
klimabedingten, aber ebenfalls weitgehend von Menschen verursachten
Umständen paaren. Mögliche Maßnahmen des Klimaschutzes werden an ihrer
Effektivität und Effizienz gemessen und mit Zielen verschiedener
Klimaschutzkonferenzen in Verbindung gebracht.
Ein Anliegen des Buches ist es, den in der öffentlichen
„Klimadiskussion" teilweise vereinfachenden, emotionsgeleiteten oder
auch irreführenden Aussagen die weitaus komplexeren Zusammenhänge
entgegenzustellen. Dieser Komplexität kann nicht mit einfachen
Antworten begegnet werden. Deutlich wird aber, dass der globale
Temperaturanstieg der letzten 1 00 Jahre ganz überwiegend, der der
letzten 50 bis 60 Jahre fast ausschließlich durch Menschen verursacht
ist. Nun sollte man annehmen, dass diese Erkenntnis auch eine große
Chance bietet: Wenn das Klima durch menschliches Verhalten negativ
beeinflusst werden konnte, können auch positive Gegenmaßnahmen
Entwicklungen umlenken. Dazu sind aber wesentlich stärkere Maßnahmen
erforderlich als bisher unternommen. So endet das Buch mit der
Feststellung, dass gemäß einem internationalen wissenschaftlichen
Konsortium „die bisherigen klimapolitischen Maßnahmen derzeit (Stand
Dezember 2018) auf eine globale Erwärmung von 2,5-4,4°C gegenüber dem
vorindustriellen Niveau hinauslaufen." (S. 1 16) Die Herausforderung
ist also noch sehr groß!
Die in diesem Buch beschriebenen Phänomene und Vorgänge werden zwar
durchaus verständlich erklärt, doch sie sind für nicht-fachkundige
Leserinnen durch die enorme Fülle der diversen Informationen im
Einzelnen nur schwerlich gedanklich zu speichern - so jedenfalls meine
persönliche Erfahrung. Dennoch ist das Buch allen zu empfehlen, die
sich aktiv in Überlegungen zum Thema Klimaschutz einbringen
wollen. Auch wenn nicht alles Gelesene im Gedächtnis haften bleiben
sollte, so gewinnt man doch sehr wesentliche Einsichten, um
Klimafragen mit der angemessenen Sachlichkeit begegnen zu können.
— Schwester Margret Rüsen, Evangelischer
Diakonieverein, Berlin-Zehlendorf e.V. Heft 3 | Mai/Juni 2021 |
117. Jahrgang