Seit Erscheinen der 1. Auflage dieses Buches im Jahr 1999 haben sich
vor allem in der Arktis gravierende Veränderungen vollzogen, die wohl
weitgehend im Zusammenhang mit dem globalen Klimawandel zu sehen
sind. Die vorliegende völlig überarbeitete und ergänzte 2. Auflage hat
nach wie vor den geographischen Formenreichtum der südlichen und
nördlichen Polarregionen der Erde zum Gegenstand, der Fokus liegt
jetzt aber auf dem Abschmelzen der Eismassen, dem Landschaftswandel,
den Permafrostböden, der jetzt potentiell leichteren Gewinnung von
Rohstoffen und damit zusammenhängenden politischen Konflikten sowie
anthropogenen Eingriffen und damit einhergehend Gefährdung der
Ökosysteme.
Die ersten beiden Kapitel, die die Entdeckungsgeschichte der
Polargebiete und die Abgrenzung und Flächeninhalte der Polargebiete
zum Inhalt haben, sind als Einführung zu verstehen. In den Kapiteln 3
bis 8 stellt der Autor einerseits die Gemeinsamkeiten der beiden
Polarregionen vor, betont und erläutert aber auch die bedeutenden
Unterschiede. Vereinfach gesprochen ist das Südpolargebiet ein unter
einem dicken Eispanzer liegender uralter Kontinent, der von drei
Ozeanen umschlossen wird, das Nordpolargebiet, die Arktis, ist dagegen
ein von dünnem Eis überdecktes Meer, das von vergletscherten
Festländern umgeben ist. Abgesehen von der unterschiedlichen
geologischen Entwicklung der beiden Gebiete ist auch deren Vereisungs-
und Klimageschichte, die sich letztlich aus der Öffnung oder
Schließung von Meeresstraßen im Gefolge von Kontinentalverschiebungen
ableiten lässt, unterschiedlich: vor ca. 38 Mio. Jahren begann die
Inlandvereisung der Antarktis, Grönland als Teil des nördlichen
Polargebietes war dagegen wohl erst während der letzten 18 Mio. Jahre
fast durchgehend von Eis bedeckt. In allen Kapiteln werden mehr oder
weniger parallel, aber durchaus unterschiedlich gewichtet,
angesprochen: geologische Entwicklung, mineralische und organische
Rohstoffe, Landschaftsentwicklung, Klima und Witterungsverhältnisse,
Klimaprozesse in der Vergangenheit und aktuell mit ihren
Fernwirkungen, Auswirkung des Klimawandels auf die Meereisausdehnung,
Wasserzirkulation der Weltmeere, Verwitterungsprozesse, Permafrost und
mit dem Auftauen verbundene Probleme (insbesondere Freisetzung von
klimarelevanten Gasen oder instabil gewordener Baugrund),
Bodenbildung, anthropogene Eingriffe in die Lebensräume und deren
ökologische Folgen. Speziell im Hinblick auf die Arktis werden die
dortigen Völker und die Meeresausbeutung thematisiert. Im kurzen
abschließenden Kapitel 9 gibt der Autor zusammenfassend einen Ausblick
auf die abzusehenden Folgen des Klimawandels insbesondere in den
Polargebieten und gibt seiner Sorge Ausdruck im Hinblick auf die
Gefährdung der sensiblen Ökosysteme durch den Menschen.
Das empfehlenswerte Buch richtet sich trotz einer Fülle von
Informationen, die jedoch nicht erdrücken, nicht unbedingt an
fachspezifisch ausgerichtete Kollegen, sondern vornehmlich an
Studenten der Geographie und benachbarter Wissenschaften, an Lehrer
und überhaupt an alle interessierten Leser. Wer noch tiefer in die
Materie einsteigen möchte, findet im Literaturverzeichnis rd. 440
gelistete Fundstellen. Von den sehr instruktiven 109 Abbildungen sind
leider nur 15 in Farbe. Da der Druck farbiger Abbildungen heute kein
Vermögen mehr kostet, hätte sich der Rezensent gewünscht, dass weitere
20 Fotos, die überwiegend vom Autor stammen und Landschaften oder
glazigene Formen zum Inhalt haben, ihre originäre Farbe behalten
hätten.
Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde Band 138