Gestützt auf die Ergebnisse und Erfahrungen langjähriger Lehr- und
Forschungstätigkeit im nordwestlichen Afrika, hat sich A. Pique die
anspruchsvolle Aufgabe gestellt, erstmals eine zusammenfassende Darstellung
der Geologie von Nordwestafrika zu erarbeiten. Dabei muß man bedenken, daß
dieses Gebiet eine geologische Vielfalt und Komplexität aufweist, die etwa
jener einer Traverse vom skandinavischen Kristallin bis zu den Südalpen
entspricht; außerdem beherbergt es Weltklasse-Lagerstätten von Erdöl/ Erdgas
und von Phosphat.
Die Darstellung gliedert sich in zwei Teile, nämlich einen beschreibenden
ersten Teil (ca. 200 Seiten), der die großen geologisch-strukturellen
Einheiten nach regionalen und stratigraphischen Gesichtspunkten behandelt, und
einen synthetischen zweiten Teil (ca. 70 S.), der die Entwicklung der
beschriebenen Großeinheiten zusammenfassend in einem weiteren regionalen
Rahmen geodynamisch analysiert.
Der erste Teil präsentiert einen gewaltigen Umfang an Daten und Informationen,
die der Autor zum Teil selbst im Feld gewonnen, zum größeren Teil aber aus
einer Vielzahl anderer Quellen zusammengestellt und verdichtet hat (allein das
Literaturverzeichnis umfaßt 25 Seiten). Ein Neueinsteiger hat dabei oft
Schwierigkeiten, in der Fülle der Details noch den Überblick und Durchblick zu
behalten. So würde man sich eingangs eine einfache, mit der Textgliederung
konforme Kartendarstellung der behandelten geologischen Großeinheiten
wünschen, etwa nach Art der Abb. 25, 65 oder 106. Auch sollten durchwegs
zumindest die wichtigeren der zahlreichen erwähnten Lokalitäten, lokalen
geologischen Einheiten, Strukturen etc. auf den zugehörigen i Illustrationen
zu erkennen sein; z.B. sucht man die mehrfach als bedeutsam erwähnte N-S-
Struktur in Tunesien vergeblich in den Abbildungen; aus Abb. 31 ist sie
eher andeutungsweise zu entnehmen. Gelegentlich verunsichern den Leser auch
unterschiedliche Bezeichnungen für dieselbe - oder vermutlich dieselbe -
geologische Einheit. Dies gilt z.B. für den "Tuareg I Shield" bzw. "Targui
Shield"; letzterer scheint nach Vergleich der Abbildungen weitgehend mit dem
"Hoggar" identisch zu sein. Allerdings verwirrt hier der Begriff "Shield", da
es sich im Hoggar um einen mehrphasig- bis panafrikanisch - geprägten
bzw. überprägten Kristallinbereich mit archaischen bis altproterozoischen
Relikten handelt.
Allgemein sollten bei einer Neuauflage die Abbildungen auf Übereinstimmung mit
dem Text, auf ihre Vollständigkeit (Legenden) und auf die Erkennbarkeit
wichtiger Details (z.B. geringmächtiger Decken im Rif-Tell-Orogen) überprüft
werden. Auch könnte man überlegen, ob sich ein Teil der z.T. sehr
ausführlichen stratigraphisch-lithologisch-paläontologischen
Profilbeschreibungen nicht anschaulicher in Form zusammenfassender
stratigraphischer Tabellen, schematischer Profilschnitte - z.B. in der Art von
Abb. 10 oder 16 - oder Serien von Säulenprofilen darstellen ließe, auch wenn
naturgemäß noch Unsicherheiten in manchen Korrelationen verbleiben mögen;
Detailbeschreibungen könnten sich dann auf ausgewählte Beispiele
beschränken. Ein gutes Beispiel ist die Abb. 105, die unterschiedliche
Darstellungen in sich vereint und damit wichtige Zusammenhänge anschaulich
aufzeigt. Hilfreich wäre außerdem - als Anhang - eine Erläuterung der
verwendeten arabischen bzw. berbersprachlichen Landschaftsbezeichnungen wie
Adrar, Ajjer, Bani, Chott, Erg, Feija, Hammada, Rich, Tassili u.a.
Etwas zu kurz kommen die praktischen Aspekte bzw. die Einflüsse der
geologischen Gegebenheften auf die Volkswirtschaften der nordwestafrikanischen
Länder. Zwar erscheinen im Text einige Hinweise auf Mineralressourcen, jedoch
eher nebenbei und ohne Gewichtung nach ihrer Bedeutung. Vielleicht ließe sich
in eine Neuauflage ein kurzer gesonderter Abschnitt aufnehmen, der "world
class deposits" wie Erdöl/ Erdgas und Phosphat sowie z.B. auch die Eisenerze
von Mauretanien und die als Ornamentsteine geschätzten Goniatiten- und
Orthocerenkalke Marokkos erwähnt. Auch die Punkte "Grundwasser" und
"Georisiken" - v.a. Erdbeben - sowie die jüngere Klimaentwicklung- Stichwort
Sahara - würden eine kurze gesonderte Darstellung verdienen. Auch wäre zu
überlegen, ob sich nicht zur Veranschaulichung und Klärung großräumiger
Zusammenhänge Beiträge der Fernerkundung und der Geophysik heranziehen ließen.
Im Vergleich zu Teil 1 liest sich Teil 2 gemäß seiner Zielsetzung wesentlich
leichter.
Vielleicht ließe sich in einer Neuauflage eine Kurzfassung von Teil 2 als
Erläuterung zu einer am Eingang von Teil 1 stehenden Übersichtskarte der
Großeinheiten beigeben.
Trotz der angesprochenen kleinen
Unzulänglichkeiten bleibt dieses Werk eine beachtliche Leistung und ein "Muß"
für jeden, der einen Ein stieg in die Geologie von Nordwestafrika sucht, nicht
zuletzt schon wegen des umfangreichen Quellenverzeichnisses.
G. Andritzky, Isernhagen (GMit 9, Sept 2002)