Der Autor des vorliegenden Führers, U. Kull, studierte Chemie,
Biologie und Geologie in Stuttgart sowie Tübingen und wirkte seine
gesamte aktive Zeit an der Universität Stuttgart, wo er auch von 1978
an bis zu seinem Ruhestand das Institut für Pfl
anzenphysiologie/Botanik leitete. Er ist als Autor und Mitherausgeber
des Oberstufen-Biologie-Schulbuchs „Der Linder“ in ganz Deutschland
bekannt. Daneben wirkte er auch als Autor und Mitautor zahlreicher
Bücher zu den Themen Evolution, Genetik, Ökologie sowie
Botanik. Berühmt sind seine geologischbotanischen Exkursionen, die er
auch jetzt noch als Pensionär durchführt (z. B.: 2012 –Teneriffa). Er
kennt Kreta wie kein Anderer und ist somit als Autor für diesen Führer
prädestiniert. Er verbindet darin seine umfangreichen Kenntnisse in
Geologie und Botanik mit denen über die Geschichte des Menschen auf
der Insel, was das Buch nicht nur für den Geologen interessant macht.
Nach einer Einführung erleben wir im ersten Kapitel die Geschichte des
Menschen auf Kreta von der Vorgeschichte über die einzelnen Epochen
bis heute. Der nächste Teil ist der Vegetation gewidmet, die dem
Autor bestens vertraut ist. Von deren Geschichte auf der Insel über
die Vegetationseinheiten bis hin zu deren Höhenzonierungen wird alles
anschaulich dargestellt, aber der Tierwelt nur ein kurzer Abschnitt
gewidmet.
Den ersten großen Schwerpunkt bildet die Einführung in die
außerordentlich komplizierte Geologie der Insel, die durch immerhin 6
tektonische Einheiten, 12 Gruppen sowie 51 Formationen geprägt
ist. Für den Nichtgeologen ist dies schon ein sehr anspruchsvoller und
schwer zu verstehender Sachverhalt, der sicher manchen überfordert,
der sich nur oberflächlich über die Geologie informieren will. Kurze
Berichte über die Böden, fossile Säugetiere, Paläogeographie und
Geodynamik sowie über Erdbeben und Tsunamis in historischer Zeit
runden diesen Abschnitt ab.
Den zweiten Schwerpunkt bilden die exakten Schilderungen von 31
Exkursionsrouten im ganzen Inselbereich. Die einzelnen Exkursionen
sind auf den beiden Innenseiten des Umschlages auf Landkarten der
beiden Inselhälften abgebildet. Die meisten Exkursionen im Osten der
Insel starten von Iraklion aus, die im Westen von Chania aus. Neben
der Geologie wird immer wieder auf die jeweils hier vorkommende
Pflanzenwelt verwiesen und auf historische Örtlichkeiten, die nicht in
den Reiseführern zu finden sind. Den Zusammenhang zwischen
geologischen Formationen, die den Untergrund bilden und der darauf
wachsenden, unterschiedlichen Pflanzenwelt stellt der
Verf. anschaulich dar. Viele der Fahrtstrecken sind jedoch nach
Ansicht des Rez. (mit bis zu 200 km) etwas zu lang gewählt. Am Ende
des Bandes stehen ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie ein
Sachwort- und ein Ortsverzeichnis.
Alles ist auf dem neuesten Stand (2011) und penibelst recherchiert; es
gibt immer wieder Querverweise zu anderer Literatur. Inhaltlich
bestens, gibt es an diesem Führer nichts auszusetzen, außer, dass
Paläontologen bei manchen Exkursionen gern genauere Angaben zu den im
beschriebenen Bereich vorkommenden Fossilien gehabt hätten (nicht nur
z. B. “Kleine Korallenriffe”…). Beim Layout fasste man aus
Kostengründen alle Farbfotos und Farbgraphiken nicht bei den
jeweiligen Beschreibungen, sondern in einem eigenen Fototeil in
Buchmitte auf 16 Seiten zusammen. Das macht das Lesen umständlicher,
da man jedes Mal nachschlagen muss, wenn man den entsprechenden
Sachverhalt durch die Abbildung veranschaulicht sehen will.
Auch bei einzelnen Exkursionen wäre eine Skizze an Ort und Stelle sehr
hilfreich gewesen, wenngleich die Beschreibungen sehr genau sind. Aber
das hätte wohl den auch so schon umfangreichen Rahmen des Bandes
gesprengt.
Alles in allem liegt hier eine hervorragende, exakte Bearbeitung der
Geschichte, Geologie und Botanik Kretas vor, die jeder, der nicht nur
zum Baden hierher kommt, lesen und mitführen sollte.
Gero Moosleitner, Salzburg
Zentralblatt f. Geologie u. Paläontologie, Teil II, Jg. 2013, Heft 1/2