Vor 40 Jahren erschien im Rahmen der Reihe „Sammlung geologischer
Führer“ mit der Nummer 59 „Der Wienerwald“ von Benno Plöchinger und
Sigmund Prey, beide anerkannte Kenner der Region. 1993 kam unter der
Redaktion von Wolfgang Schnabel die zweite „völlig neubearbeitete
Auflage“ heraus. Seit September 2014 ist die dritte "vollständig
überarbeitete Auflage" im Buchhandel erhältlich. Autoren sind Hans
Egger und Godfrid Wessely, beide international anerkannte Experten.
Der Wienerwald, der nordöstlichste Teil der Alpen, ist eine voralpine
hügelige Mittelgebirgslandschaft und reicht von der westlichen
Stadtgrenze Wiens bis zur Traisen, rund 50 km nach Westen. Der
Wienerwald markiert nicht nur den westlichen Rand des südlichen Wiener
Beckens, sondern auch den Beginn des Alpenbogens, der in Form der
Ostalpen bis zum Bodensee und dann weiter – nun mehr als Westalpen
bezeichnet – bis nach Nizza zum Mittelmeer reicht. Für die Stadt Wien
liefert(e) der Wienerwald nicht nur (Brenn-)Holz, sondern, vor allem
im 19. Jahrhundert, Baugesteine. Damals wie heute ist die Region das
wichtigste Ausflugs- und Naherholungsgebiet der Wienerinnen und Wiener
und dass mit der Publikation nun auch aktualisierte, geologisch
fundierte Unterlagen vorliegen, ist einmal mehr begrüßenswert.
Dieses kompakte Buch mit 202 Seiten und 133 Abbildungen zeichnet sich
gegenüber den beiden vorherigen Editionen durch seine reiche
Bebilderung und durchgehende Vierfarbigkeit der Abbildungen aus.
Nach einer geologischen Übersichtskarte und der Einleitung, wo große
geologische Zusammenhänge und die Entstehung des Gebietes vor dem
Hintergrund der Plattentektonik erläutert werden, folgt ab Seite 21
eine detaillierte Darstellung der Tektonik und der Schichtfolgen von
Norden nach Süden hin. Hier werden zunächst die großen Einheiten des
Helvetischen Deckensystems mit der Hauptklippenzone und des
Rhenodanubischen Deckensystems von Hans Egger erläutert. Breiter Raum
wird der Erklärung der Trübeströme und der von ihnen abgelagerten
Turbidite gewidmet. Fotos mit Kolk-, Schleifund Belastungsmarken und
Bilder typischer Spurenfossilien dokumentieren die lithologische
Vielfalt der meist ockerfarbenen Sandstein- oder grauen
Mergelabfolgen. Bilder von Foraminiferen, Dinoflagellaten und
Nannofossilien zeigen die wichtigsten Fossilgruppen für die
stratigrafische Einstufung.
Innerhalb der südlich anschließenden Nördlichen Kalkalpen, für deren
Darstellung Godfrid Wessely verantwortlich zeichnet, werden zunächst
die Tektonik und dann die Schichtfolgen der beiden hier vorkommenden
Großeinheiten, Bajuvarikum und Tirolikum, dargestellt.
Ab Seite 65 geht es mit insgesamt 42 Exkursionen, quasi „medias in
res“, vorher wird die Leserschaft auf die hier massenhaft vorkommenden
Zecken gewarnt, die Frühsommer-Meningitis oder Borreliose auslösen
können.
Die Exkursionen sind zweigeteilt, 20 befassen sich mit dem
Rhenodanubischen und Helvetischen Deckensystem, 22 liegen in den
Nördlichen Kalkalpen. Die Exkursionen beginnen in Wien (Nummer 1 bis
7) und gehen gegen Westen. Beschrieben werden hier neben klassischen
Exkursionspunkten, wie dem Naturdenkmal Antonshöhe, dem
jungsteinzeitlichen Feuersteinbergbau in Wien (Punkt 1), dem
Steinbruch Dopplerhütte (Punkt 9), der Hagenbachklamm (Punkt 10), dem
Steinbruch Kritsch (Punkt 24), der Seegrotte (Punkt 31), auch der 2010
eröffnete Geopfad Ramsau bei Hainfeld (Punkt 42) im Westen des
Wienerwaldes.
Neben einer detaillierten Beschreibung des Weges, der vielfach durch
kleine Skizzen und Angaben der Koordinaten erleichtert wird, sind
Aufschlussfotos, wie auch fallweise geologische Karten hilfreich für
das Verständnis.
Fazit: Eine gelungene Aktualisierung und Erweiterung von einem der
klassischen geologischen Gebiete der Ostalpen vor den Toren
Wiens. Möge nun eine Darstellung des Wiener Beckens folgen.
Thomas Hofmann
Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt 23.03.2015