Bespr.: Zeitschrift für Geomorphologie N.F. 52/2 (2008), S. 272 top ↑
Um es vorweg zu nehmen: Die Inhalte der Aufsätze werden dem Titel des Bandes nur in Ansätzen gerecht. Es handelt sich überwiegend um eine Aneinanderreihung von Fallbeispielen, die einzeln betrachtet für den Leser sicherlich interessante Aspekte bereit halten. In nicht wenigen Aufsätzen fehlt die Problemstellung, was bei solch einem Buchtitel mit dieser übergeordneten Thematik verwundert. Ich erlaube mir, drei m. E. interessante Aufsätze aus dem Band hervorzuheben.
The hydraulic geometry and geomorphic sensitivity assessment of some rivers of Western Australia (S. 35–53) von Moshe Inbar umfasst 47 Standorte in Flussbetten Westaustralischer Flüsse, die genau vermessen wurden. Das Breiten/Tiefen-Verhältnis und resultierende Abflussgeschwindigkeiten werden mit Einzugsgebietsparametern in Beziehung gesetzt, um daraus entsprechende charakteristische Eigenschaften abzuleiten. Moshe Inbar bewegt sich mit seiner Studie im Mediterrangebiet Australiens, aber er versäumt es nicht, die Charakteristiken der Flusssysteme mit anderen mediterran geprägten Abflusssystemen zu vergleichen.
In seinem Aufsatz La méthode hydrogéomorphologique de détermination des zones inondables stellt Jean-Louis Ballais eine beachtenswerte Methode vor, die basierend auf relativ einfachen Verfahren Prognosen über den Verlauf zukünftiger Hochfluten erlaubt. Die Methode basiert auf einer geomorphologischen Kartierung und hilft, Hochflutmaximalstände und deren Auswirkungen vertrauenswürdig vorherzusagen. Diese bemerkenswerte, weil einfache Methode hat sich bereits mehrfach bewährt – und dies nicht nur in mediterranen südfranzösischen Abflusssystemen, sondern auch in Mittelfrankreich – und dient heute als Planungsinstrument in französischen Behörden und Instituten.
Der dritte Aufsatz „Spatial and temporal adjustment of the Lower Mississippi River channel to major human impacts“ von Paul F. Hudson und Richard H. Kesel beschreibt in beeindruckender Weise, inwieweit das Flusssystem des Mississippi, eines der am stärksten anthropogen überprägten Systeme, auf Veränderungen der Landnutzung reagiert hat. Aus der Analyse von hochaufgelösten hydrographischen Messreihen lassen sich Erkenntnisse zum Anpassungsverhalten des Mississippi-Unterlaufs auf anthropogen bedingte Eingriffe ableiten. Die Studie beschreibt Flussbettveränderungen als Folge anthropogener „Störungen“, morphodynamische Zustandsänderungen darin und leitet daraus den Zeitraum ab, den dieses große Flusssystem benötigt, um einen „stabilen Zustand“ zu erreichen.
Der Band umfasst fünf weitere Aufsätze mit einem Fokus auf Mediterrangebiete, und eine weitere Arbeit über Degradation (Vegetationsrückgang und Bodenverdichtung) durch Wandern auf isländischen Andosolen. Zusammenfassend lässt sich zu den verbleibenden sechs Aufsätzen sagen, dass Leser, die mit dem Thema der Landdegradation im Mittelmeerraum einigermaßen vertraut sind, neue gedankliche Anstöße nicht erwarten sollten.
Dominik Faust, Eichstätt
Zeitschrift für Geomorphologie N.F. 52/2 (2008), S. 272