Mit der Nummer 5.4–G10 liegt nunmehr ein neues Blatt des «Atlas Ost-
und Südosteuropa – Aktuelle Karten zu Ökologie, Bevölkerung und
Wirtschaft» vor, herausgegeben durch die Österreichische Akademie der
Wissenschaften.
Das Ziel der vorliegenden Publikation besteht darin, zum einen die
Veränderungen in der Verwaltungsstruktur der Länder Ost- und
Südosteuropas darzustellen und zum andern die Fortschritte der
Transformationsstaaten auf dem Wege der Dezentralisierung ihrer
Verwaltung und ihrer Integration in die Europäische Union zu
erläutern. Dies erfolgt sowohl mit Hilfe einer Übersichtskarte als
auch durch einen ausführlichen Textteil in deutsch und englisch sowie
eine Reihe von schematischen Darstellungen des Verwaltungsaufbaus der
beschriebenen Staaten.
Nach einer kurzen, aber sehr nützlichen Erklärung der verwendeten
Begriffe in der Einleitung folgt in Kapitel 2 die Darstellung des
Standes der EU-Integration der Staaten des östlichen Europa. Die
Übersicht gibt einen guten Einblick vor allem in die zeitliche Abfolge
der Bemühungen der Europäischen Union um die Durchsetzung ihrer
Regionalpolitik insbesondere im Zusammenhang mit den Erweiterungen der
EU in den Jahren 2004 und 2007.
Das Für und Wider von Regionalisierungsprozessen, von Dezentralisation
und Subsidiarität ist auch Inhalt des dritten Abschnittes. Hier hätte
man sich mitunter etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht, da gerade die
Frage des Verhältnisses von Nationalstaat und Regionen konfliktreich
ist und Lösungen durchaus nicht einfach zu finden sind.
Das Kapitel 4 ist der Hauptinhalt des vorliegenden Bandes. Es gibt
eine kurze Einführung zu den subnationalen Gebietskörperschaften und
ihrer Entwicklung seit 1989 in den auf der beigelegten Karte
dargestellten Transformationsländern. Dabei folgt die Beschreibung der
einzelnen Länder einer einheitlichen Gliederung, die zunächst mit den
Kultur- und Verwaltungstraditionen beginnt und danach die aktuelle
Situation im Verwaltungsaufbau beschreibt. Dabei wird nicht nur der
Aufbau selbst erklärt, sondern man liest auch über die Vor- und
Nachteile sowie die Wirkungsweise der unterschiedlichen
Verwaltungsebenen. Ein sehr übersichtliches Schema ergänzt den Text
und erleichtert dem Leser den Überblick. In dieser Weise werden die
Mitgliedsländer der Europäischen Union Bulgarien, Litauen, Polen,
Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn vorgestellt.
Ein weiterer Abschnitt umfasst Länder ausserhalb der Europäischen
Union – Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Makedonien,
Moldau, Montenegro, Serbien, Ukraine, Weissrussland. Auch hier folgt
der Text dem gleichen Muster, allerdings ist der Textumfang deutlich
unterschiedlicher, wahrscheinlich in Abhängigkeit vom zur Verfügung
stehenden Ausgangsmaterial.
Die abschliessende Synopsis greift die zu Beginn angeführte
Problemstellung, den Stand von Dezentralisierung und Subsidiarität in
den Transformationsstaaten auf und fasst in einer Tabelle die
wichtigsten Merkmale der Verwaltungsdezentralisierung von
Transformationsstaaten zusammen. Es wird festgestellt, dass die
lokalen Ebenen in den meisten Ländern über eine Selbstverwaltung
verfügen. Dies bringt das Streben nach Demokratie in der Verwaltung
zum Ausdruck, wird jedoch relativiert durch den geringen
Verbreitungsgrad von Selbstverwaltungen auf der regionalen Ebene. Hier
kann man von einer Zurückhaltung der Nationalstaaten sprechen, welche
ausgeprägten regionalen Selbstverwaltungen leicht separatistische
Bestrebungen zuordnen. Zusammenfassend wird auch nochmals die
Bedeutung historischer Traditionen für die raschere oder langsamere
Entstehung lokaler und regionaler Selbstverwaltungen hervorgehoben.
Die beigefügte Karte vermittelt einen sehr guten Eindruck der
Verwaltungsgliederung der dargestellten Länder, erfordert allerdings
etwas Geduld beim Lesen, da die Verwaltungsgrenzen und die Zahlen in
den Verwaltungseinheiten hinter den anderen Informationen etwas
zurücktreten.
Eine Tabelle aller Verwaltungseinheiten mit ihren Verwaltungssitzen
erweitert die Karteninformationen. Da die Karte erfreulicherweise
keine Inseldarstellung ist, sondern auch die an das Betrachtungsgebiet
angrenzenden Länder mit abbildet, entsteht für diese Tabelle die
Notwendigkeit, auch Angaben zu Ländern aufzunehmen, die nur teilweise
zu sehen sind, wie z.B. Litauen, Weissrussland, die Ukraine. Dies kann
möglicherweise etwas verwirren.
Insgesamt sei jedoch festgestellt, dass mit dem vorliegenden
Atlasblatt und den zugehörigen Erläuterungen die Leser, vom
Studierenden und Lehrenden der Geographie und verwandter
Wissenschaften bis hin zu Verwaltungsfachleuten, Planern oder
Politikern, ein aussagekräftiges Kompendium zur Hand haben, welches in
schlüssiger Form über die Verwaltungsgliederung in den Staaten Mittel-
und Südosteuropas informiert. Dies ist das besondere Verdienst des
Autors – er hat es verstanden, das umfangreiche Daten- und
Faktenmaterial so zusammenzufassen, dass es auch für den
Nichtverwaltungsfachmann verständlich ist und die Basis für
weitergehende Forschungsarbeiten sein kann.
Elke Knappe, Leipzig
Geographica Helvetica Jg. 66 2011/Heft 4