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Die Odontologie als Lehre vom Zahnsystem der Wirbeltiere und des Menschen greift auf viele Zweige der biologischen Wissenschaft über oder erhält von dort befruchtende Anregungen. Forscher auf den Gebieten der vergleichenden Anatomie und Histologie, der Physiologie, Erbbiologie, Entwicklungsgeschichte und Entwicklungsphysiologie, Gewebezüchtung, Hormon-, Vitamin- und Enzymforschung, Altersforschung, sowie der Pathologie der Karies und Zahnbetterkrankungen, der Zahn-Prothetik und nicht zuletzt der Kieferorthopädie (Orthodontie) haben die Wissenschaft vom Zahnsystem zusammengetragen. Dabei hat experimentelle Forschung in steigendem Maße Anteil an der Vertiefung und Erweiterung der Erkenntnisse, die der Odontologie als Organwissenschaft ebenso wie einer umfastenderen Oralbiologie und damit der Präventivheilkunde zugute kommen.
Die Gliederung des Buches in einen "Allgemeinen Teil" und einen vergleichend systematischen "Speziellen Teil" ergab sich von selbst. Im allgemeinen Teil habe ich bei Besprechung der Zahnhartsubstanzen - entgegen vielfachem zahnärztlichem Brauch- das Dentin dem Schmelz vorangestellt, da odontogenetisch und phylogenetisch das Dentin die zuerst auftretende Hartsubstanz ist und, über die Gesamtheit der bezähnten Wirbeltiere gesehen, auch das funktionell wichtigste Hartgewebe der Zähne darstellt. Bei manchen Wirbeltiergruppen weisen die Zähne niemals Schmelz auf, und Dentin vermag - in modifizierter Form - Schmelz häufig zu ersetzen. Uberhaupt kam es mir darauf an, den Blick für die Gesamtheit der Erscheinungen offenzuhalten. Gerade die vergleichend biologische Betrachtungsweise befruchtet die vorwiegend von Befunden am Menschen abgeleiteten Schlüsse und Ergebnisse, verändert manches Problem und ermöglicht - zumal in Verbindung mit Experimenten - oft erst befriedigende Deutungen.
Das in der naturwissenschaftlich-biologischen, medizinischen, zahnmedizinischen und veterinärmedizinischen Weltliteratur weit verstreute Schrifttum zur wissenschaftlichen Odontologie nimmt einen immer größeren Umfang an. Nach meiner Schätzung erscheinen wöchentlich wenigstens 3-4 Originalarbeiten aus dem Gebiet der normalen (allgemeinen und vergleichenden) Odontologie. Die wichtigsten Resultate zu einem komprimierten Gesamtbild zusammenzufügen, kann einem Einzelnen nur unvollkommen gelingen. Der Verfasser bittet daher um Nachsicht, wenn ihm manches entgangen ist, das selbst in "Grundzügen" Erwähnung verdient hätte, und ist für Hinweise und Verbesserungsvorschläge stets dankbar.
Die Zahl der Abbildungen ist gegenüber der 1. Auflage mehr als verdoppelt worden. Darunter befinden sich 97 eigene Originalfiguren, deren Herstellung Frau Christi Berg, später Fräulein Inge Schmidt, die auch an Korrekturlesen und Registerherstellung beteiligt war, gewissenhaft besorgt haben. Einige Umzeichnungen verdanke ich Fräulein Valerie Gube. Mehrere Autoren haben mir in entgegenkommender Weise Originalabbildungen zur Verfügung gestellt, wofür hier nochmals mein Dank ausgesprochen sei.
Schließlich hat der Verlag Gebrüder Borntraeger, getreu seiner rühmlichen Tradition, das Seine zur Ausstattung getan und der erweiterten 2. Auflage alle Sorgfalt angedeihen lassen. Auf seine Anregung sind die Bildlegenden auch in englisch eingefügt worden, dank der Mitwirkung von Frau Ursula Hutchinson, Gießen, und Dr. A. Borde, London.
Gießen, im Mai 1966
ALBERT KEIL