Die zweite Auflage dieses mittlerweile zum Standardwerk avancierten
Buches hat etwa sechs Prozent mehr Seiten und einige Abbildungen mehr
als die erste. Einige wenige Illustrationen wurden ausgetauscht, die
wenigen Druckfehler korrigiert und die Nomenklatur der behandelten
Pilze aktualisiert (z. B. Coprinellus, Coprinopsis, Contumyces). Der
Aufbau entspricht dem der vorhergehenden Auflage. Der Text wurde
stellenweise revidiert und neue Erkenntnisse des letzten Jahrzehnts
eingearbeitet. Es werden grundlegende Aspekte der Zytologie,
Plectologie („Histologie“) und Anatomie der Agaricomycetidae (früher
Hymenomycetes), also z. B. Agaricales, Boletales, Polyporales,
Cantharellales u. a. besprochen. Heinz Clémeçon bringt Erkenntnisse
der mykologischen Forschung vom späten 18. Jahrhundert bis in das
Frühjahr 2011. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung der
Pilzanatomie unter kritischer Betrachtung der jeweiligen
Aspekte. Besonderen Wert legt der Autor auf die verwendete
Terminologie, die er aktualisiert und auf logische Fehler hin
überprüft. Zu vermeidende und abgelehnte Begriffe werden
aufgelistet. Die Terminologie hat zwar sicher noch nicht die vom Autor
erhoffte weite Verbreitung gefunden, trotzdem ist es überaus wertvoll,
die Begriffe so klar und übersichtlich zusammengesellt zu finden. Die
jeweiligen Strukturen werden reich mit in schwarz/weiß gehaltenen
Fotos seiner exzellenten Dünnschnitte illustriert. Als perfekte
Ergänzung passen hier zwei weitere Bücher desselben Autors gut dazu:
eines mit vielen farbigen Abbildungen der anatomischen Dünnschnitte
(Clémeçon, H., 2012: Großpilze im Mikroskop. Beiheft zur Zeitschrift
für Mykologie 12) und eines zur Methodik (Clémeçon, H.: Methods for
working with macrofungi: laboratory cultivation and preparation of
larger fungi for light microscopy). Zur Verdeutlichung der Fotografien
sind viele schematische Darstellungen beigefügt. Bemerkungen zur
geschichtlichen Entwicklung finden sich in fast jedem Kapitel
vorangestellt.
Die Hauptkapitel behandeln:
1. Basic concepts;
2. The hyphae of the Hymenomycetes (Zytologie vegetativer Hyphen,
Hyphenwände, Septen, Doliporen, Umhüllungen, Zellplasma, Spitzenkörper
und Spitzenwachsum, Kern, Mitosis, Schnallen, viele Hyphentypen und
deren richtige Benennung).
3. The mycelium and its organs (Myzeltypen und Organisation, besondere
Zelltypen der Myzelien wie etwa Allocysten, Stephanocysten,
Myzelzystiden und Myzelbasidien, Rhizomorphen).
4. Mitospores of the Hymenomycetes (Mitotisch gebildete
Ausbreitungseinheiten: Konidien, Chlamydosporen, Hyphenfragmente),
denn es gibt auch viele Agaricomycetidae mit mitotisch gebildeten
Sporen, nicht nur Schlauchpilzen u. a.
5. Basidia and basidiospores (Terminologie, Sporenbildung, Karyologie
und Meiose, Basidientypen, Basidiosporenstruktur wie Wand, Keimporus
u. a., Mechanismus der Sporenabschleuderung).
6. Cystidia, pseudocystidia and hyphidia (Terminologie und Typen, etwa
Lamprozystiden, Lagenozystiden, Skeletozystiden).
7. Pigment topography.
8. Bulbils, sclerotia and pseudosclerotia.
9. Basidiomes (Fruchtkörpertypen, Hymenophor und Hymenium,
Geflechtskunde der Fruchtkörper, besondere Ausbildungen wie
Scheinwurzeln, Rhacophyllus-Formen, Stilboide).
10. Carpogenesis: Terminologie und Typen der Fruchtkörperentwicklung
anhand vieler Beispiele.
11. Associations of Hymenomycetes with other organisms (Zusammenleben
mit Bakterien, Cyanoprokaryota, Algen, Moosen, Mykorrhiza, diese wird
nur kurz behandelt, Termiten, Ameisen).
Ein detailliertes Inhaltsverzeichnis, eine umfassende Bibliographie,
ein Sachregister und taxonomischer Index ermöglichen eine rasche
Orientierung im Buch.
Eigentlich gelten die positiven Besprechungen der ersten
englischen Auflage, die in Mycol. Res., Persoonia, Inoculum und in der
ÖZP erschienen sind und auf der homepage des Verlages gelesen werden
können
(www.schweizerbart.de/publications/detail/isbn/9783443591014/Cytology_and_Plectology_of_the_Hymenomycetes?af=
search), unverändert auch für die zweite Auflage. Das Werk ist eine
wahre Fundgrube an Informationen zum grundlegenden Verständnis von
Anatomie und Morphologie der Pilze. Jeder in der mykologischen Lehre
tätige Wissenschaftler findet hier Anregungen und weiterführende
Hinweise. Ich bezweifele nicht, dass auch die zweite Auflage ein
unverzichtbares Nachschlagewerk für alle, die mit mikroskopischen
Merkmalen hymenialer Zellbiologie, Anatomie, Ontogenie oder Taxonomie
zu tun haben, sein wird. Auch für tiefgehend interessierte Amateure
kann ich die Lektüre nur empfehlen.
Irmgard Krisai-Greilhuber
Österr. Z. Pilzk. 21 (2012)
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