Die zumeist sehr öde wirkenden Tagebaulandschaften des
Braunkohleabbaus gehören schon seit längerem zu den interessanten
Studienobjekten der Vegetationsökologen. Hier kann man in Mitteleuropa
noch Vorgänge echter Primärsukzession auf anfänglich lebensfreiem
Substrat untersuchen, zudem für die Praxis Ratschläge für eine
naturnahe Begrünung erarbeiten. Sicher zunächst unerwartet, sind
solche Gebiete inzwischen sogar für den Naturschutz von Bedeutung. -
Die vorliegende Arbeit (50 EUR) richtet sich auf bereits weiter
fortgeschrittene Sukzessionsstadien, nämlich verschiedene Gehölze. Die
vegetationskundliche Erfassung sollte Aufschluss über gemeinsame
Charakteristika weit gestreuter Gehölzflächen geben, sowohl aus
pflanzensoziologischer wie allgemeiner struktureller und ökologischer
Sicht. Dabei werden auch grundlegende Fragen der Sukzession
(Ausbreitungsbiologie, Strategien von Arten) bis zu modellartigen
Vorstellungen zur Vegetationsentwicklung angegangen. - Die
Gehölzvegetation feucht-nasser Vorwälder wird bestimmt von Salix
cinerea, Alnus incana oder A.glutinosa. Bemerkenswert ist auf
basenreichen Substraten das Vorkommen von Orchideen (Epipactis
palustris, Dactylorhiza incarnata) und anderen Seltenheiten. Den
Schwerpunkt bilden weniger feuchte Standorte mit
Zitterpappel-Birkenbeständen, die als neue Assoziation Hieracio
piloselloidis-Betuletum pendulae (Sambuco-Salicion) mit vielen
Untereinheiten bereits in Tuexenia 21 vorgestellt wurden. Hier werden
die Gesellschaften jetzt eingehender hinsichtlich ihrer
Ausbreitungsmechanismen, Strategietypen, Lebensformen, Rote
Liste-Arten und vor allem bodenökologischer Analysendaten
besprochen. Auch Diasporenbank und -niederschlag werden sehr
differenziert vorgestellt. Ökologisch lassen sich die Bestandestypen
über Zeigerwerte und Messdaten kennzeichnen und voneinander absetzen,
auch unter Anwendung multivariater Vergleiche. In der Diskussion
werden allgemeinere Züge der Sukzession herausgestellt, z.B. die
Abhängigkeit von Säuregrad und Nährstoffgehalt des Substrates, das
Vorherrschen anemochorer Ruderalstrategen in der Anfangsphase, Bezüge
zum Diasporenangebot aus der Umgebung. Sukzessionsschemata zeigen
Grundzüge der bisherigen Entwicklung und Annahmen der
Weiterentwicklung zum Quercion roboris oder Carpinion. Aus den
Ergebnissen wird abschließend ein Leitbild für die Sanierungsplanung
auf natürlicher Grundlage vorgestellt. Die sehr gründliche und
detaillierte Analyse und Synthese sollte sich auch anregend auf
weitere Untersuchungen auswirken.
H.Dierschke
Tuexenia 23, 2003