So, jetzt geht mal schön in den Park, hebt ein Blatt auf, dann:
Pressen und Aufkleben. Könnte die Aufforderung einer Bio-Lehrerin im
Jahre 2010 sein, aber auch von einer Kollegin 400 Jahre zuvor. Herbare
nämlich, - die Sammlungen getrockneter und gepresster Pflanzen - gibt
es schon seit Jahrhunderten. Selbstverständlich auch in Frankfurt.
Mit dem Herbarium Senckenbergianum verfügt die Senckenberg
Gesellschaft für Naturforschung über mehrere zehntausend Belege hier
vorkommender Flora, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Alle
Achtung.
Achtung verdient auch die 50. Veröffentlichung der Kleinen
Senckenberg-Reihe "Natur vor der Haustür - Stadtnatur in Frankfurt am
Main", die neuere Ergebnisse der Biotop-Kartierung mit vielen Fotos
und anschaulich geschriebenen Informationen für die an Frankfurts
Flora und Fauna interessierten Bürger anbietet. Das Herbar wie auch
die anderen wissenschaftlichen Senckenberg-Sammlungen zur
Artenvielfalt in Frankfurt und Umgebung bilden die Grundlage der
regionalen Biodiversitätsforschung. Ein Pfund, auf das im
Internationalen Jahr der Biodiversität durchaus hingewiesen werden
darf.
Forscher im 18. Jahrhundert
Nicht erst seit diesem Jahr, sondern bereits seit dem 18. Jahrhundert
wurde und wird die Natur in und um Frankfurt von Wissenschaftlern,
Studenten, aber auch von manchen Laien beobachtet, dokumentiert und
analysiert; seit 1985 in Zusammenarbeit mit dem Umweltamt vom
Senckenberg Forschungsinstitut. Die dabei gesammelten Daten werden
etwa bei der Ausweisung von Schutzgebieten, Bebauungsplänen,
Renaturierungen und landschaftspflegerischen Plänen genutzt.
Um die Ergebnisse der Öffentlichkeit auch sinnlich, also erlebbar zu
vermitteln, finden sich in diesem Band drei Spaziergänge in
verschiedenen Jahreszeiten durch die bewerteten
Gebiete. Beispielsweise im April durch "Neue und alte Natur im
östlichen Stadtwald". Die Autoren sind Indra Ottich, Dirk Bönsel,
Thomas Gregor, Andreas Malten und Georg Zizka und sie nehmen einen
richtig nett an die Hand, führen durch die Wanderung und geben
Hinweise auf Flora und Fauna am Wegesrand, samt historischen bis
anekdotischen Zusatzinformationen.
Die April-Tour ist 8,5 Kilometer lang und beginnt an der
Straßenbahnhaltestelle Oberschweinstiege. Von dort führt der Weg durch
einen Buchenwald, in dessen Unterholz jetzt im Frühjahr
Buschwindröschen, Bärlauch und das in früheren Zeiten als
Vitamin-C-Spritze nach dem Winter genutzte Scharbockskraut leuchten,
wie der Leser erfährt.
Später geht es dann auf einem kleinen Damm den Jacobiweiher
entlang. Dort wächst unter anderem der bemerkenswerte Aaronstab, der
später im Jahr diese auffälligen roten Beeren trägt. Waldmeister gibt
es hier auch und das Gewöhnliche Hexenkraut. Mandarinente, Eisvogel,
Rotwangenschildkröte - auch zur Fauna gibt es viele Informationen. Der
Spaziergänger sieht so viel mehr von der Natur. Und das Lesen lenkt im
lauten Stadtwald noch dazu von all dem Blechgeflügel am Himmel ab.
Frankfurter Rundschau 10./11. April 2010, 66. Jg., Nr. 83