Nachdem die E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele
u. Obermiller) in Stuttgart in den vergangenen Jahren bereits Bände
zur Geologie von Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen verlegt hat, sind
nun (2008/2009) in dieser informellen Reihe die Bände „Geologie von
Sachsen-Anhalt“ sowie „Geologie von Sachsen“ (in zwei Teilen)
erschienen. Neuerscheinungen geologischen Inhalts finden nur selten
Eingang in den Rezensionsteil dieser Zeitschrift, doch rechtfertigt
der Reichtum an mineralischen Rohstoffen der beiden Bundesländer eine
Ausnahme.
Die „Geologie von Sachsen-Anhalt“ wurde von einem Viermännerkollegium
(Gerhard H. Bachmann, Bodo-Carlo Ehling, Rudolf Eichner & Max Schwab)
herausgegeben, dessen Mitglieder entweder am Geologischen Landesamt
für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt oder an der Universität
Halle(-Wittenberg) tätig sind. Beim besprochenen Werk handelt sich um
die erste ausführliche und zusammenfassende Buchpublikation zur
Geologie von Sachsen-Anhalt, das als Bundesland ja erst seit 1990
besteht. Den Herausgebern ist es gelungen, insgesamt 47
regionalgeologisch kompetente Kollegen als Autoren für die einzelnen
Kapitel zu gewinnen. Einleitend schildert R. Eichner die Geschichte
der geologischen Forschung, die aber in Teilen eher einen Abriss der
Bergbaugeschichte darstellt. Die dort als „kolorierte[s] Unikat“
bezeichnete „Petrographische Karte der Grafschaft Mannsfeld“ von 1815
ist allerdings kein Unikat, sondern als „illuminirte petrographische
Charte“ dem dritten Teil einer Publikation beigegeben, die auch im
Schriftenverzeichnis des besprochenen Bandes angegeben wird
(Freiesleben, Johann Carl 1815: Geognostischer Beytrag zur Kenntniß
des Kupferschiefergebirges, mit besonderer Hinsicht auf einen Theil
der Grafschaft Mansfeld und Thüringens“, Dritter Theil). Hervorzuheben
im ersten, historischen Kapitel sind die Abschnitte „Geologie und
Universitätsgeschichte“ sowie „Geologie und amtliche geologische
Landesaufnahme“. Es folgen ein „Geomorphologischer Überblick“
(K. Schuberth) und – als Übersicht – die „Regionalgeologische
Entwicklung“ (G. H. Bachmann & M. Schwab), bevor der Kernteil des
Bandes die stratigraphischen Einheiten (p. 51–343) behandelt, die
einen weiten Bogen vom Präkambrium (die ältesten datierten Zirkone
lieferten Alter von über 1,5 Milliarden Jahre) bis zum Quartär
schlagen. Den Abschluss des stratigraphischen Kapitels bildet der
Abschnitt „Fossillagerstätten“, der nach Meinung des Rezensenten
besser im Abschnitt „Geologie und Umwelt“ aufgehoben gewesen wäre,
nicht nur, weil dort geowissenschaftliche Museen und Geotope behandelt
werden, zu denen sich vielfältige Beziehungen ergeben, wodurch im
besprochenen Band Redundanzen auftreten (z. B. Geiseltalmuseum im
stratigraphischen Kapitel), sondern auch, weil die besprochene
Tiefbohrung Schladebach (p. 346), die Ende des 19. Jahrhunderts mit
1748,40 m tiefste Bohrung der Welt, kein Geotop, sondern im besten
Fall ein technisches Denkmal darstellt (nämlich deren Bohrkerne). –
Das folgende fünfte Kapitel beschreibt die regionalgeologischen
Einheiten Altmark-Fläming-Scholle, Flechtingen-Roßlau-Scholle,
Halle-Wittenberg-Scholle sowie Harz mit seinem nördlichen und
südöstlichen Vorland. Der Bedeutung des aktiven sowie des historischen
Bergbaus entsprechend nimmt die Beschreibung des Kapitels
„Bodenschätze und Bergbau“ (R. Eichner & J. Wirth) einen breiten Raum
ein. Noch heute ist Sachsen-Anhalt ein z. T. bedeutender
Produktionsstandort für die Gewinnung von Steinen und Erden,
Braunkohle, Stein- und Kalisalzen und Erdgas. In der Vergangenheit
wurden zudem Steinkohlen des Oberkarbons und Unterrotliegenden,
Bernstein, Erdöl (bis 1986), Bunt- und Schwermetallerze (darunter
„Kupferschiefer“-Erze, Pyrit, hydrothermale Pb-Zn-Cu-Erze, sedimentäre
Eisenerze) sowie Baryt und Fluorit („Spate“) gewonnen. Behandelt
werden auch Uran-Mineralisationen, die durch die SDAG Wismut durch
zahlreiche Bohrungen intensiv erkundet worden sind (1949−1953,
1973−1985), deren geringe Menge aber der Aufnahme einer
Uranerzgewinnung immer im Wege stand. Auch die Nutzung von Grund-,
Heil- und Mineralwasser, von geothermischer Energie und von
Untertagespeichern wird in diesem Kapitel behandelt. Ein eigener
Abschnitt beleuchtet „Halle und das Salz“ in geologischer und
salinarhistorischer Beziehung. Kapitel 7 ist mit „Geologie und Umwelt“
überschrieben (G. Strobel) und umfasst den Baugrund, geologische
Barrieren sowie Geotope und den UNESCO-Geopark „Harz-Braunschweiger
Land-Ostfalen“. Dem Kapitel „Böden“ (W. Kainz) folgt als neuntes und
letztes Kapitel „Geowissenschaftliche Ausstellungen und Sammlungen“
(G. H. Bachmann), das stichwortartig die im Bundesland vorhandenen
Sammlungen, Schaubergwerke und Hüttenmuseen in alphabetischer
Aufstellung erläutert. Ein umfangreiches Schriftenverzeichnis (82
Seiten) und ein Stichwortregister beschließen den Band.
Dem angelsächsischen Vorbild entsprechend sind die Abbildungen und
Tabellen des Bandes leider nicht mehr fortlaufend, sondern
abschnittsweise nummeriert (3.1-1, 3.1-2, 3.1-3, 3.2-1, 3.2-2 etc.),
was die Suche nach Abbildungen und Tabellen zu einem ärgerlichen
Suchspiel werden lässt. Auch gibt es nicht nummerierte Abbildungen,
z. B. auf p. 346. Über Geschmack lässt sich bekanntlicher Weise
streiten, und sicherlich auch darüber, ob in eine Landesgeologie der
vorliegenden Güte Federzeichnungen gehören, die holzschnittartig
Felsformationen, Schachtanlagen sowie Portraits bedeutender
Bergbeamter und Geognosten darstellen und z. T. verfremden. Der
Rezensent ist der Überzeugung, dass die im Einzelnen nicht zitierten
Vorlagen der Federzeichnungen aus der Hand von H. Bringezu dem
vorliegenden Band besser zu Gesicht gestanden hätten.
Der Band kann allen Interessierten uneingeschränkt empfohlen werden;
der attraktive Preis in Höhe von nur 78 Euro (dies entspricht
lediglich 11 Cent/Seite) wurde durch eine freundliche Unterstützung
des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt ermöglicht
–eine wohltuend bürgerfreundliche Verwendung von Steuergeldern in
einer Zeit von sog. Auslandseinsätzen und Bankenstützen.
Der erste, allerdings nicht nummerierte Band der „Geologie von
Sachsen“ trägt den Untertitel „Geologischer Bau und
Entwicklungsgeschichte“. Korrekterweise müsste er die Nummer I
tragen. Er wurde von Werner Pälchen und Harald Walter herausgegeben,
zwei ausgewiesenen Kennern der Region, beide am Sächsischen Landesamt
für Umwelt und Geologie in Freiberg (Sachsen) tätig bzw. tätig
gewesen. Auch für den ersten Band der Landesgeologie haben die
Herausgeber zahlreiche Experten gewinnen können, in diesem Fall 42
Autoren. Sachsen gehört seit den Zeiten von Georgius Agricola zu den
klassischen Bergbauregionen der Welt, und so verwundert es nicht, dass
die beiden Herausgeber nicht die erste sächsische Landesgeologie
herausgeben. Wie die Herausgeber betonen, war Kurt Pietzsch (1962)
allerdings der letzte, der eine umfangreiche, monographische
Bearbeitung des Gebiets als ein „Ein-Mann-Buch“ verfassen konnte: Die
intensive Rohstoffexploration der DDR und auch immense bergmännische
Aufschlussarbeiten erbrachten einen so ernormen Erkenntniszuwachs,
dokumentiert durch ca. 345.000 Bohrungen sowie ca. 7.500 Berichte über
Erkundungs-, Kartierungs- und Forschungsarbeiten, so dass ein neuer
Versuch, dieses Wissen in Buchform zu dokumentieren, zahlreicher
Autoren bedurfte. Die Konzeption für das vorliegende Werk war bereits
vor der sog. Wende fertig, doch konnte es erst mit großem, zeitlichen
Abstand zur Konzeption fertig gestellt werden.
Der erste Band begnügt sich mit 16 Seiten „Geographisch-geologischer
Überblick“, zu denen auch eine kurze „Geschichte der geologischen
Erforschung“ (8 S.) gehört, um dann in medias res zu gehen, der
Beschreibung der drei geotektonischen Baueinheiten von
Sachsen. Kapitel 2 widmet sich den „Baueinheiten des
Grundgebirgsstockwerkes“, die im Rahmen der variscischen
Gebirgsbildung deformativ überprägt worden sind und größtenteils zur
saxothuringischen Zone gehören. Folgende regionalgeologische Einheiten
werden beschrieben: Erzgebirge, Vogtland, Granulitgebirge,
Nordwestsachsen, Elbezone und Lausitz. Kapitel 3 behandelt die
„Baueinheiten des Molassestockwerkes“, worunter die Füllung der
spätvariscischen Molassebecken mit permokarbonischen Sedimenten,
Vulkaniten und granitischen Intrusionen verstanden wird. Im letzten
Kapitel („Postvaristisches Deckgebirge“) werden die das Grundgebirge
und die Molassefüllung überlagernden Strukturen und Sedimente
beschrieben, die von der Zechsteinzeit bis zum Holozän reichen.
Die den Leser dieser Zeitschrift besonders interessierenden
Lagerstätten und Vorkommen mineralischer Rohstoffe (hier Georessourcen
und -potenziale genannt) werden im separaten Band II beschrieben, der
ein Jahr später erschien. In dem von H. Pälchen herausgegebenen Band
erläutern 28 Autoren ein weites Spektrum geowissenschaftlicher Themen,
von Georessourcen (mineralischen Rohstoffe) und Geopotenzialen über
Georisiken (z.B. Erdbeben) bis hin zu Geotopen, Museen und
Schaubergwerken.
Das 1. Kapitel („Georessourcen“) umfasst das Wasser (Oberflächen-,
Grund-, Mineral- und Thermalwasser), die sächsischen Energierohstoffe
(Stein- und Braunkohlen, Uranerze, geothermische Energie), dann die
heute noch wichtigen Lagerstätten der Steine und Erden (Festgesteine,
Sande und Kiese, Tonrohstoffe), die Industrieminerale (Fluorit,
Baryt), „Erze“ (W, Mo, Sn, U, Pb, Zn, Ni, Co, Cu, Fe etc.), die
Schmuck- und Edelsteine (darunter der berühmte Topas vom
Schneckenstein bei Muldenburg im Vogtland, die bekannten Achate und
Amethyste z. B. von Schlottwitz, aber auch Gesteine wie der weithin
bekannte Serpentinit von Zöblitz) und „Sonstige mineralische
Rohstoffe“. Hierunter werden Feldspat, Quarz, Quarzit, Kieselgur,
Polierschiefer, Talk, Paragonit, Cordierit-Sillimanit-Granat-Gesteine,
B-Träger, Zirkon, Schwermineral-Seifen, Anatasschluff, Torf und
Erdöl/Erdgas beschrieben, mineralische Rohstoffe, von denen einige
auch unter den Industriemineralen bzw. den Energierohstoffen hätten
abgehandelt werden können. Erfreulicherweise finden sich eigene
Abschnitte zum wichtigen Thema der Rohstoffsicherung und zu den Folgen
des Bergbaus und der Sanierung ehemaliger Abbaugebiete, von Bedeutung
hier vor allem der ehemalige Braunkohlen- und Uranerzbergbau. Das
2. Kapitel („Geopotenziale“) wäre bis vor wenigen Jahren schlichter
und zutreffender mit „Bodenkunde, Hydrogeologie, Ingenieurgeologie,
Geophysik, Geochemie“ überschrieben worden. Zu den sächsischen
„Georisiken“ (3. Kapitel) zählen Erdbeben (darunter die bekannten
sächsischen Schwarmbeben), Gasemissionen (CO2 und N2 aus dem Erdmantel
sowie CH4 nicht ganz geklärter Herkunft), „Massenbewegungen“
(Felsstürze, Rutschungen etc.) und „Bodenerosion“. Das 4. und
abschließende Kapitel dieses Teilbandes ist mit „Objekte und Stätten
geowissenschaftlicher Information und öffentlicher Bildung“
überschrieben. Hier werden die Abschnitte „Geotope und Geotopschutz“,
„Geologische Lehrpfade und Schaubergwerke“ und „Geowissenschaftliche
Museen, Sammlungen und Archive“ beschrieben: In Sachsen existieren
alleine 64 Besucherbergwerke sowie 17 Lehrpfade und 24 bedeutenden
Museen geowissenschaftlicher Ausrichtung! Den Abschluss bilden ein
„Quellenverzeichnis“ und ein Verzeichnis der „Schlüsselliteratur“.
Bezüglich der Abbildungsnummerierung folgen beide Teile der „Geologie
von Sachsen“ leider auch der unübersichtlichen, abschnitts- und
kapitelbezogenen Nummerierungsstrategie der „Geologie von
Sachsen-Anhalt“. Tabellen werden im Text als Abbildungen bezeichnet
und in diese eingereiht, doch sind einige dem ersten Band als Anhang
beigegeben, auch hier verwirrend nummeriert und beginnend mit den
Tabellen 2.3-1, 2.10-1 und 3.4-1. Aus Platzgründen ist der Geologie
von Sachsen leider kein komplettes Literaturverzeichnis beigegeben
worden; man hat sich auf die Angabe der sog. Schlüsselliteratur
beschränkt, derjenigen Literatur, die am Ende eines jeden Abschnitts
kursorisch angegeben wird und die im Schriftenverzeichnis des ersten
Bandes gerade einmal zwölf Seiten und des zweiten Bandes acht Seiten
füllt. Bei einer Neuauflage sollte das Schrifttum vollständig
aufgeführt und auch im Text erwähnt werden. Bei beiden Bänden der
„Geologie von Sachsen“ beschließen ein Sachregister bzw. ein Register
den Band. Mit 69,00 Euro (= 12,5 Cent/Seite) für Band I bzw. 49,80
Euro (= 15,6 Cent/Seite) sind beide Bände der „Geologie von Sachsen“
kostengünstig in der Anschaffung und können Interessierten
uneingeschränkt empfohlen werden.
Sowohl die „Geologie von Sachsen-Anhalt“ als auch die beiden Bände der
„Geologie von Sachsen“ richten sich primär an alle Geowissenschaftler,
also im engeren Sinn Geologen, Paläontologen und Mineralogen sowie
Studenten dieser Fächer, doch werden auch Geographen und Vertreter von
Nachbardisziplinen, so Bergleute, Steine-und-Errden-Ingenieure,
Bauingenieure, Geotechniker, Planer, Landwirte und Forstleute von
beiden Werken profitieren. In Zeiten des nachlassenden Interesses für
die regionale Geologie Deutschlands und der Abwicklung
geowissenschaftlicher Landesbehörden in zahlreichen Bundesländern
wünsche ich der „Geologie von Sachsen“ und der „Geologie von
Sachsen-Anhalt“ eine weite Verbreitung und weitere Auflagen.
Prof. Dr. Thomas Kirnbauer, Bochum
Der Anschnitt 4/2010, 62. Jg.