Die Limnologie, die Lehre der Binnengewässer, befasst sich mit allen Formen und Funktionen von Süßwasser-Ökosystemen einschließlich der Grundwasserforschung. Dazu gehören insgesamt Fragestellung der Biologie (der Botanik, Zoologie und Bakteriologie), der Physik und der Chemie, mit denen alle lebenden Spezies im Wasser und Gewässerboden,
alle organischen und anorganischen Inhaltsstoffe sowie die
hydraulischen Eigenschaften des Gewässers untersucht und beschrieben werden können. Die meisten limnologischen Untersuchungen erfordern die Anwesenheit von Wissenschaftlern mitsamt technischer Ausrüstung und Laborkapazität vor Ort — d.h. es bedarf der Einrichtung einer Forschungsstation, die Menschen und Material genug Raum zum Arbeiten und Aufenthalt auch über mehrere Tage und Nächte bietet.
Das vorliegende Buch entstand im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Limnologie e.V. (DGL) und beschreibt die Entstehung und Entwicklung limnologischer Stationen in ganz Deutschland. Mit seiner Veröffentlichung verfolgt die DGL auch das Ziel, die Fortschritte in der relativ „jungen” Wissenschaft (man spricht von etwa 125 Jahren) zu würdigen und ihre Bedeutung als Ausgangspunkte neuer ganzheitlicher Forschungsansätze hervorzuheben.
Insgesamt werden 27 limnologische Stationen unter Angabe der
vollständigen Adresse und der betreibenden Institution
(Universitätsinstitut, Forschungsgesellschaft o.a.) beschrieben. Unter ihnen sind acht Standorte mittlerweile nicht mehr in Betrieb. Die Beiträge zu den einzelnen Stationen sind so unterschiedlich wie die sie umgebenden Landschaften und die Forschungsschwerpunkte, die mit ihnen verfolgt wurden und werden. Mit den Stationen Zingst und Hiddensee bestehen an der Ostseeküste zwei Orte mit dem Schwerpunkt Meeresbiologie, alle anderen hier beschriebenen Stationen wurden zur Untersuchung von Seen und Fließgewässern in ihrer Umgebung errichtet. In der frühen Entwicklung der Limnologie standen der
„Mikrokosmos See” und damit biologische Fragestellungen im
Mittelpunkt. Dabei ging es nicht um die Wissenschaft allein, sondern auch um Bildung und Ausbildung. Neben Uiversitätsgelehrten und Studenten waren auch Lehrer, Schüler und Naturliebhaber als Besucher und Nutzer angesprochen.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt die limnologische
Forschung nicht mehr nur dem Erkenntnisgewinn über Fauna und Flora der Binnengewässer und deren jeweilige hydrogeologischen Besonderheiten, sondern zunehmend den Auswirkungen menschlicher Aktivität auf die Lebensbedingungen in den untersuchten Gewässern: die Gewässerökologie gewann an Bedeutung. Und hier offenbaren dauerhaft betriebene limnolo-gische Stationen einen wesentlichen Vorteil, den der Präsident der DGL, Dr. Mario Sommerhäuser in seinem Vorwort benennt: Diese
Stationen sind Garanten für Langzeitdatenreihen. Diese bilden eine wichtige Voraussetzung zur Beobachtung und Bewertung von
Fremdstoffeinträgen und den Auswirkungen klimatischer Veränderungen.
Wer sollte dieses Buch lesen? Es ist auf jeden Fall eine interessante und abwechslungsreiche Lektüre für Menschen, die sich für die Historie der Limnologie und die unterschiedlichen geographischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für limnologische Forschung interessieren, und die wissen wollen, welche Personen daran maßgeblichen Anteil hatten und haben. Auch ist es spannend zu erfahren, unter welchen Bedingungen einzelne Standorte entstanden sind: An mancher Stelle haben auch Studenten die Stationen mit aufgebaut. Ebenso wichtig erscheint mir aber die Lektüre für derzeit aktiv Forschende: das Buch bildet mit der Vielzahl an Referenzen zu den Arbeiten, die an den einzelnen Stationen gelaufen sind, und den Beschreibungen der Forschungsinfrastruktur einen Schatz an Material,
dessen Sichtung und Auswertung unter vielerlei limnologischen
Fragestellungen lohnenswert ist.
Dr. Hildegard Lyko
gwf Wasser+Abwasser 05/2019, Seite 87