Die vorliegende Dissertation enthält nach Vorwort, Danksagung und
Einleitung drei Hauptkapitel: Geographie und Geschichte von El Hierro,
Methoden (16 S.) und Pflanzengemeinschaften. Danach folgen Summary
and prospectus, Literatur (26 S., d. h. über 400 Titel) und Anhang
(Arten mit niedriger Stetigkeit in den Tabellen sowie Register der
Abbildungen und Tabellen).
Das erste Kapitel (67 S.) ist eine sehr umfangreiche Einführung, die
man alleine bereits als Reiseführer verwenden könnte. Der Leser erhält
ausführliche Informationen zu sechs Themen, zuerst zur geographischen
Situation, Topographie und Toponymie. Letzteres ist besonders wichtig,
weil es unterschiedliche Namen und Schreibweisen von geographischen
Begriffen gibt und weil manche davon identisch mit den Namen der dort
vorkommenden Arten sind. Danach folgen Ausführungen zur Geomorphologie
und Geologie (El Hierro ist - wie die anderen Kanarischen Inseln -
vulkanischen Ursprungs und die jüngste von allen. Sie ist 268 km² groß
und wurde im Jahre 2000 als ein UNESCO-Biosphärenreservat
ausgewiesen.), zu Böden, zum Klima, Wetter und zur bioklimatischen
Klassifikation, zur Geschichte, Landnutzung und zum Naturschutz sowie
zur Geschichte der botanischen Erforschung und zum heutigen
Kenntnisstand.
Das dritte Hauptkapitel (234 S.) ist - wie nicht anders zu erwarten -
das umfangreichste der Dissertation. In ihm werden die
Pflanzengemeinschaften beschrieben und diskutiert. Es sind sehr viele
pflanzensoziologische Einheiten verschiedener Rangstufen. Konkret
handelt es sich um 19 Assoziationen und neun ranglose Gesellschaften
mit diversen Subassoziationen, Varianten, Subvarianten usw. Eine
Assoziation und sieben Gemeinschaften wurden vom Verf. als neu für die
Insel bestätigt oder festgestellt. Er beschreibt drei neue
Subassoziationen. Viele Syntaxa sind in ihrem Verbreitungsgebiet auf
El Hierro beschränkt. Sie unterscheiden sich von den vikariierenden
Assoziationen der Nachbarinseln durch charakteristische
Artenkombinationen und zahlreiche geographische
Differentialarten. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf die
eigenständige chorologische, syngenetische, florenund
vegetationsgeschichtliche Entwicklung der Insel. Verf. weist auch auf
die Schwierigkeiten der aktuellen pflanzensoziologische Nomenklatur
hin. Ohne in die Details einsteigen zu wollen, sei hier nur die
Hauptgliederung dieses Kapitels aufgeführt: Lorbeerwälder und
fayal-brezal ("Monteverde", Pruno hixae-Lauretea novocanariensis; mit
dem spanischen Ausdruck ist das Myrica-Erica-Gebüsch gemeint),
Kanarischer Kiefernwald ("Pinar", Chamaecytiso-Pinetea canariensis),
Thermophiles Gebüsch (Bosque termófilo, Rhamno crenulatae-Oleetea
cerasiformis), Fels- und Mauer-Gesellschaften, Rasen- und
Ruderal-Gesellschaften (teils offene, anthropogene Gesellschaften)
sowie als Anhang eine Nitrophytische Trittgesellschaft auf Wegen und
Fährten (Polycarpo teraphylli-Cotuletum australis) und ferner
Einzelvorkommen von Gesellschaften folgender drei Klassen:
Phragmito-Magnocaricetea, Isoëto-Nanojuncetea und Lemnetea. Damit sei
hier die Vielfalt der in den höheren Regionen (über 400 m im N und
über 600 m im S) der Insel angetroffenen Pflanzengesellschaften
repräsentiert. Sie beruhen auf 751 pflanzensoziologischen Aufnahmen,
die sorgfältig dokumentiert sind [Die Schrift in den Tabellen und den
zugehörigen Erläuterungen ist leider zu klein ausgefallen!]. Die
ausführlichen Informationen in der umfangreichen Einführung (s. o.)
werden in diesem Kapitel aufgegriffen und dienen u.a. der Erläuterung
für den heutigen Zustand der Vegetation, die man durch menschlichen
Einfluß als teils sehr stark verarmt bezeichnet. Teilweise besteht
sogar die Gefahr des Aussterbens von Arten und ganzen
Pflanzengesellschaften.
Mit diesem Datenmaterial schuf man eine grundlegende Basis für weitere
Untersuchungen der verschiedensten Art, z.B. auch zu Fragen der
Bewirtschaf200 Paläontologie allgem. tung und des Naturschutzes und
des Biotopmanagements. Die Daten sind elektronisch gespeichert;
u.a. ist für jedes Taxon die genaue Verbreitung (horizontal und
vertikal) und die Gemeinschaftszugehörigkeit dokumentiert. Alle
Gefäßpflanzen sind in einer Rasterkartierung der Insel (Gitternetz
1km²) erfaßt. Am Ende des dritten Kapitels gibt es zwei sehr wichtige
Tabellen, und zwar eine für die Stetigkeit der Arten in allen
syntaxonomischen Einheiten der Insel und eine alphabetische Liste der
beobachteten Arten (insgesamt 544). Dabei handelt es sich wirklich um
den Bestand der ganzen Insel, denn der Verf. berücksichtigt hierbei
auch die Arten und die syntaxonomischen Einheiten aus der Fußstufe der
Insel (mit dem Sukkulentenbusch und seiner Ersatzvegetation sowie der
Küstenvegetation), die VON GAISBERG in einer parallel erarbeiteten
Dissertation untersuchte (Dissertationes Botanicae 396). Mit diesen
beiden Dissertationen ist die Vegetation und Flora der kleinsten und
westlichsten der Kanarischen Inseln komplett erfaßt, die man im Jahre
2000 als ein UNESCO-Biosphärenreservat auswies.
Mit den beiden vorbildlichen Dissertationen dokumentieren ihre
Verf. eindrucksvoll den Wert der Ausweisung und Unterscheidung von
Vegetationseinheiten (Phytozönosen) mit Hilfe
floristisch-zönologischer Verfahren (BRAUNBLANQUET- Ansatz). Mehrere
gemeinsame Publikationen der Verf. liegen inzwischen vor.
Obwohl das Werk insgesamt sehr zu loben ist, gibt es doch auch einige
Anmerkungen und Kritikpunkte. Warum benutzt der Verf. beispielsweise
den Artnamen Laurus novocanariensis? In der gesamten, dem
Rez. zugänglichen Literatur, u.a. in der 17. Auflage des "Zander" und
in der vom Verf. zitierten Flora der Kanarischen Inseln von BRAMWELL
&BRAMWELL, heißt der auf den Kanarischen Inseln vorkommende Lorbeer
Laurus arizonica. Unklar ist auch, warum der Verf. seine Dissertation
in englisch abfaßte, während die durch VON GAISBERG parallel
angefertigte (s. o.) in deutscher Sprache erschien. Nicht einmal eine
deutsche Zusammenfassung gibt es; dies empfindet der Rez. als
blamabel. Merkwürdig ist ferner die Angabe von 20 Farbtafeln, denn es
sind nur 16. Offensichtlich zählte man bei Tafeln mit zwei Fotografien
diese als zwei separate Tafeln.
Trotz dieser Hinweise sei es nochmals festgehalten: Diese Dissertation
ist ein Meilenstein in der Erforschung der Pflanzenwelt der
Kanarischen Inseln, auch weil der Verf. sehr ausführlich die
angewandten Methoden darlegt und weil er die von ihm ermittelten
Ergebnisse kritisch diskutiert.
D. H. STORCH
Zentralblatt f. Geol. u. Pal. Teil II, Jg. 2007, H. 1-2