Der Band 91 aus der Sammlung Geologischer Führer präsentiert dem Leser
von Budapest ausgehend die geologischen Besonderheiten des Budaer
Berglandes, des Gerecsegebirges, des Balaton-Oberlandes und des
Keszthelygebirges. Die Wahl dieses Gebietes ist sehr geglückt, da
Liebhabern der Naturschätze eine Rundreise angeboten wird, die bequem
und mit wenig Zeitaufwand zu bereisen ist. Der Band gliedert sich in
zwei große Teile. Im ersten Teil wird die allgemeine Geologie Ungarns
auf 60 Seiten beschrieben, der zweite Teil ist der Exkursionsführer.
Der Band beginnt mit einer kurzen geographischen Einführung, in der
die Autoren - fälschlicherweise - nur die kleine Tiefebene als
Flachland bezeichnen. Anhand der Naturraumgliederung (Nationalatlas
von Ungarn 1989) zählen auch Mezöföld und die
Donau-Drau-Flusslandschaft zum Landschaftstyp Tiefebene.
Das Kapitel allgemeine Geologie Ungarns präsentiert skizzenhaft den
geologischen Aufbau des Landes. Das dem Führer gewidmete Gebiet ist
die transdanubische geologische Untereinheit, deren orographisches
Rückgrat die Bakony-, Vertes-, Gerecse-, Pilis- und Budaer Gebirge
bilden. Dieser Einheit schließen sich im Osten die Bükker und kleinere
slowakische Mittelgebirgseinheiten an. Analysiert werden zuerst die
geologischen Einheiten Transdanubiens, darunter das variskische
Stockwerk, das alpidische Stockwerk, die permische Molasse, Trias,
Jura und Kreide. Variskische Relikte sind nur im Velencegebirge zu
finden, ältere Gebilde lassen sich im Allgemeinen nur in größeren
Tiefen durch Tiefbohrungen ermitteln. Nach den ersten tektonischen
Bewegungen lagerte sich rotliegender Sandstein auf dem
Balaton-Oberland ab, dessen Dicke mit Ausnahme der permischen Teile
100-200 Meter erreicht. In der Trias lassen sich fünf Phasen
unterscheiden: unterer triassischer küstennaher Dolomit, elastische
Gesteine, anisische Lagunen- und Meereskarbonate, anisische Karbonate
aus der mittleren Trias, karnisches Elastisches Gestein und
karnisch-norischer Dolomit sowie Dachstein-Kalkstein. Diese letzteren
Gebilde erscheinen auf dem Balaton-Oberland und im Südbakony. Von der
Triasformation können die Formation von Aracs, der Dolomit von
Köveskali und Aszofö, der Kalkstein von Iszka-hegy, der Dolomit von
Megyehegy, der Kalkstein von Felsöörs (mit vielen Fossilien) auf der
Exkursionsroute untersucht werden. Die Sedimente der oberen Trias
(Karn), der Kalkstein von Füred und der Mergel von Veszprem entstammen
dem Schelfmeer. Nach der Aufschüttung des Beckens kam es zu einer
Absenkung, die zur Entstehung der Hauptdolomit-Plattform beigetragen
hat. So entstand eine Dolomitschicht von 1500- 2000 Meter Dicke, auf
der sich später Dachsteinkalk von 800 Meter Dicke abgesetzt hat. Der
Dachstein-Kalk kommt vor allem im Nordbakony, im Gerecse und im Pilis
häufig vor.
Der Band widmet den geologischen Ereignissen und Bildungen des
Känozoikums (Paläogen, Neogen und Quartär) besondere
Aufmerksamkeit. Zu betonen sind hier der eozäne biogene Karst, der
Karstbauxit und die Entstehung der Kohlelagerstätten im Bakony. Die
Hebung des Rückgrates Bakony-Vertes-Gerecse-Pilis entlang der
Buda-Linie im Oligozän und der Beginn der Abtragung ist ein Ereignis
von groRer Bedeutung. Zu dieser Zeit entstanden auch die sehr dicken
Sedimente des Kiscell-Tones. In diesem Kapitel bedienen sich die
Autoren bei der Einteilung des Neogens der modernen Terminologie
(Eggenburgium, Ottnangium, Karpatium, Sarmat und Pannon) und geben
eine genaue Beschreibung über die Gebilde dieser Zeit. Die
Grenzziehung zwischen dem Tertiär und dem Quartär ist, wie gewöhnlich
in der einschlägigen Literatur, auch hier ungewiss. Die zwei wichtigen
Gesteinsgebilde aus dem Quartär sind der Löss und der
Süßwasserkalk. Letzterer kann vor allem auf den Donau-Terassen
untersucht werden, wo zwölf Horizonte unterschieden werden können.
Die Bildung des Süßwasserkalkes hängt mit der Präsenz von
Thermalwasser im Budaer Gebirge zusammen. Unter den neogenen Gebilden
befasst sich der Band kurz mit dem Balaton. Dieser kleine Teil ist in
vieler Hinsicht mangelhaft. Ich denke dabei an die Fragen um die
Entstehung des Sees, die in der ungarischen Fachliteratur (MAROSI et
al. 1971) ausführlich untersucht wurde.
Das letzte Kapitel der geologischen Beschreibung beschäftigt sich mit
dem Magmatismus. Erwähnt werden der subsequente Vulkanismus und die
Granitbildung des Jungpaläozoikums, der basisch-intermediäre
Vulkanismus des Mesozoikums und der pannonische Basaltvulkanismus. Das
abschließende Kapitel beschäftigt sich mit Entstehung und Tektonik der
Transdanubischen Platte.
Der detaillierte geologische Überblick ermöglicht dem Leser, die im
Führer vorgestellten kleinen Landschaftsteile ins Gesamtbild des Landes
einzufügen. Dieser erste Teil des Bandes stammt im wesentlichen aus
Trunkos Werk "Geology of Hungary" aus dem Jahre 1996, der
verdienstvollerweise durch neuere Erkenntnisse, Daten und Literatur
ergänzt wird. Im zweiten Teil werden auf den folgenden 73 Seiten die
geologischen Sehenswürdigkeiten in elf Exkursionen mit Ausgangspunkt
Budapest und in neun Exkursionen vom Balaton- Oberland und Südbakony
aus präsentiert. Dabei wurde jede Route unter Heranziehung der neueren
ungarischen Fachliteratur über das jeweilige Gebiet geschrieben.
In der Umgebung von Budapest zählen hauptsächlich das aufgeschüttete
Becken der Pester Ebene, der Dachstein-Kalk des Budaer Gebirges und
der Dolomit von Budaörs zu den geologischen Sehenswürdigkeiten. Ohne
Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich hier einige hervorheben. In
der Umgebung von Budapest ziehen der Gellertberg und der Burghügel den
Besucher von fern an, nicht nur wegen ihrer geologischen Besonderheit
sondern auch wegen ihrer kulturellen Sehenswürdigkeiten. Nordbuda ist
für sein Thermalwasser und seine Karsthöhlen bekannt (die Höhlen von
Szemlöhegy und Palvölgy). Auf dem südlichen Teil des Budaer Gebirges
und auf dem Janosberg können die Trias, das Paläogen und das Pannon
studiert werden. Unter den Sehenswürdigkeiten von Uröm und Budakalasz
ist der Süßwasserkalksinter am interessantesten. Man kann einen
wunderschönen Ausflug nach Visegrad und Szentendre machen, wo bereits
der Vulkanismus des Miozäns studiert werden kann.
Mit einem Ausflug ins Gerecsegebirge kann man interessante
Entdeckungen aus der Jura-, Kreide-, Tertiär- und Pleistozänzeit
machen. Das Kohlebergwerk in Lencseshegy und das Zementwerk in
Labatlan dienen dabei als Beispiel der Landschaftsgestaltung durch den
Menschen. Man findet entlang der Strecke Süttö-Tardos und
Vöröshid-Bruch einige Steinbrüche. Einer der schönsten Punkte dieses
Gebietes ist das Naturschutzgebiet auf dem Kalvariaberg von Tata, der
spannendste ist aber die Huminiden-Fundstätte von Vertesszölös
Auf der Reise zum Balaton-Oberland und zum Bakony empfehlen die
Autoren zuerst die einzigartigen Granitaufschlüsse von Sukoro und
seiner Umgebung. Hier ist der Granit der schwankenden Steine, der
Öregherg, die Andesitgrube und das Konglomerat von Füle am
interessantesten. In Balatonfo~kajar finden wir den einzigen
zugänglichen Aufschluß des ordovizischen Quarzphyllits, Serizits und
Chloritphyllits. Der Straßeneinschnitt von Vörösbereny erschließt die
Formation von Felsöörs mit bitumenhaltigem Dolomit und
bräunlich-gelbem Mergel. Ebenda findet man dünngebankte Hornsteinkalke
mit Brachiopoden und Crinoiden. In Káptalanfüred ist rotliegender
Sandstein zu finden.
Die nächste Exkursion führt auf das triassische Gebiet von
Alsoörs-Balatonfüred und Felsöörs-Malomvölgy, wo der Dolomit von
Megyehegy und der Kalk von Nemesvamos die interessantesten Gebilde
sind. Das Tal von Csopak-Nosztor eignet sich zur Untersuchung des
karnischen Mergels von Veszprem, der Sandorhegy-Formation und des
Hauptdolomits. Im Steinbruch des Nosztortals ist der Kalk von Füred,
in Aracs der Triasdolomit von Nadaskut unter rotliegendem Sandstein in
einem Eisenbahneinschnitt zu finden. Es lohnt sich auch, in
Balatonfüred einen Spaziergang in der Stadt zu machen, der Kalkstein
von Füred ist im Steinbruch zu besichtigen. Die Felsenlandschaft des
Dolomits von Megyehegy im Koloskatal sowie die Koloskaquelle
versprechen ebenfalls Sehenswertes. Auf der Tihanyer Halbinsel findet
man die Relikte des pannonischen Basaltvulkanismus und der
postvulkanischen Aktivitäten. Auf dem Gebiet sind viele
Geysiritrelikte zu finden, unter ihnen ist Aranyhaz das bekannteste.
Ganz interessant sind auch die ehemaligen Behausungen orthodoxer
Mönche im Basalttuff.
Es lohnt sich, einen Ausflug ins Kalibecken zu machen, wo man roten
Sandstein und Basalt finden kann. Am interessantesten sind hier der
Basaltfels Spitze Nadel, das Eisentor von Köveskali und das
Weinbaugebiet. Das Felsenmeer von Szentbelkalla entstammt der
oligozänen Csatkaformation. Die Teodoraquelle von Kekkut und das
pannonische Sandsteinmeer sollten ebenfalls aufgesucht werden.
Das Becken von Tapolca mit seinem Basaltvulkanismus ist vielleicht der
spektakulärste Teil des Balaton-Oberlandes. Die Kegel von Csobanc und
Tatika zeugen bereits aus großer Ferne vom Vulkanismus in dieser
Landschaft. In Tapolca ist die Höhle mit einem See die gröfte
Sehenswürdigkeit. In den achtzigerJahren ist die Höhle durch das
Herauspumpen großer Wassermengen allerdings (infolge des
Bauxitabbaus) ausgetrocknet. Nach der Stillegung mehrerer Minen gibt
es in der Höhle von Tapolca heute wieder Wasser. Die Basaltorgeln vom
Szentgyörgyberg sind die vielleicht schönste Sehenswürdigkeit der
Gegend.
Das Becken des Keszthelygebirges aus der oberen Trias ist ebenfalls
reich an Sehenswürdigkeiten. Man sollte sich den Rezi-Dolomit, die
Szent-Miklos-Quelle, die Dolomitfelsen von Ederics, die Kaolingrube
von Cserszegtomaj (eine Karstschlotte) mit Karstdolinen in seiner
Umgebung ansehen.
Eine wichtige Exkursion führt nach Tatika und Heinz. Der Besucher
findet auf dem Kegelvulkan von Tatika eine Burgruine. Dann sollte man
sich die vielerorts mit Karstschollen durchsetzte Oberfläche der
Rezi-Dolomit-Formation ansehen. In Heviz findet man eines der
wichtigsten Thermalheilbäder Ungarns, das Karstquellen
unterschiedlicher Temperatur mit Wasser versorgen. Der Bauxitabbau hat
auch hier Probleme verursacht, weil er zur Senkung der
Wassertemperatur führte. Heute scheint der frühere Zustand wieder
hergestellt worden zu sein.
Die letzte Station der Exkursionen auf dem Balaton-Oberland ist der
Burghügel von Sümeg. Das dort aufgeschlossene Profil ist das
vollständigste aus der gesamten Kreidezeit. Dogger und
Obermalm-Kalkstein kommen hier ebenfalls vor. Auf dem Burghügel ist
Crinoidkalkstein zu finden. Die Formation aus der oberen Kreide wird
im Steinbruch von Sümeg gefördert. Auf dem Rückweg von Sümeg nach
Budapest kann man noch ein Paläokarstgebiet bei Csardahegy, die
Dolomitfelsen des Sedtals bei Veszprem, eine Karstbauxitmine bei
Iszkaszentgyörgy aufsuchen. Die letzte geologische Sehenswürdigkeit
ist das Pannenische Abrasionskonglomerat in Csór.
Alles in allem beschreibt der Band ein Gebiet, das viele spannende
geologische Sehenswürdigkeiten bietet. Ich möchte bemerken, dass die
Wiederholung, die im einführenden Teil und im Reiseführer vorkommt,
vermeidbar gewesen wäre, wenn der allgemeine geologische Teil besser
in den Reiseführer integriert worden wäre. Über die Reisewege des
Balaton-Oberlandes und des Bakony findet man eine Karte am Anfang des
Bandes. Zur Übersichtlichkeit und zur Orientierung im Gelände wäre
nützlich gewesen, wenn auch den Bergtouren in der Umgebung von
Budapest eine ähnliche Karte mit kurzer geographischer Beschreibung
beigegeben worden wäre.
Der Band ist ein wichtiges Glied der Sammlung. Ich kann ihn allen
Geologen und Geographen, Lehrenden sowie Lernenden empfehlen, die sich
mit den Gebilden des Mesozoikums und des Känozoikums, bzw. der
Landschaftsgeschichte Ungarns beschäftigen. Der Band ist vor allem
auch deshalb besonders zu empfehlen, weil sowohl die geologischen
Sehenswürdigkeiten als auch die Routenbeschreibungen sehr genau
formuliert sind.
ILONA BARANY-KEVEI, Szeged (Ungarn)
Zeitschrift für Geomorphologie Band 47 Heft 2