Der beeindruckende Band über die Verwandtschaft des Artenkomplexes
Xerula/ Oudemansiella besticht durch Vollständigkeit und Tiefgang. Das
gesamte bisher bekannte Wissen dieser Artengruppe wird
zusammengefasst.
In der allgemeinen Einleitung werden die bisher bekannten Taxa des
behandelten Komplexes historisch beleuchtet und die verschiedenen
Klassifikationen vorgestellt. Im Kapitel Material und Methoden finden
sich gängige molekularbiologische Methodik und die Erklärung der
verwendeten makro- und mikroskopischen Präparationstechnik,
Abkürzungsverzeichnis und weitere methodische Hinweise. Wieviele
Sporen jeweils für die Medianwerte (Quotient und Länge) gemessen
wurden, fehlt. Im folgenden Abschnitt über die Molekulare Phylogenie
des Xerula/Oudemansiella-Komplexes werden zuerst die bisherigen
phylogenetischen Rekonstruktionen und dann die neu gewonnenen
Ergebnisse vorgestellt. Das Ergebnis der Analyse zweier Genregionen,
ITS und rLSU, war, dass die bisherige Gattungsabgrenzung verändert
werden musste. Dabei ist es oft schwierig, streng phylogenetisch
vorzugehen. Die Autoren wählten einen Mittelweg zwischen rein
kladistischer Gruppierung, bei der ausschließlich monophyletische Taxa
akzeptabel sind, und einem klassischen Weg, der auch noch Paraphyla
(Hymenopellis) beinhaltet, die jedoch morphologisch gut
abgegrenzt und einheitlich sind. In letzter Konsequenz wäre es
vielleicht besser gewesen, nur monophyletische Taxa zuzulassen. Die
Gattungen Dactylosporina (umfasst stachelsporigen Arten) und
Mucidula (Arten temperater Gebiete mit dauerhaftem Ring, ohne
Pseudorhiza und holzbewohnend) werden wiederbelebt, Xerula
(ss. str. mit dickwandigen Huthautseten, das war früher die
Untergattung Oudemansiella subg. Xerula im Sinne
Singers) und Oudemansiella (nur mehr rein tropische Arten, ohne
ausdauernden Ring) neu abgegrenzt, Hymenopellis (schleimige
Huthaut), Paraxerula (dünnwandige Huthautseten),
Ponticulomyces (nur in Asien, Merkmale intermediär zwischen
Hymenopellis und Oudemansiella) und Protoxerula
(schleimige Huthaut, grüne Fruchtkörper, nur in Australien) als neue
Gattungen aufgestellt. Insgesamt werden 69 taxonomische Änderungen
durchgeführt und aufgelistet, neben den genannten vier neuen Gattungen
wird die neue Sektion Mucidula sect. Brunneomarginatae
aufgestellt, Dactylosporina cephalocystidiata, Hymenopellis
incognita f. bispora, H. incognita f. microspora,
H. keralae, H. megalospora f. bispora, H. sinapicolor und
Mucidula mucida var. asiatica sind neue Taxa, alle weiteren
Taxa werden als Neukombinationen vorgeschlagen, zumeist aus
Xerula und Oudemansiella. So heißt Xerula
radicata jetzt Hymenopellis radicata<, Oudemansiella mucida
wieder Mucidula mucida und Xerula caussei jetzt
Paraxerula caussei. Leider ignorieren die Autoren die
Eintragung in Mycobank. Dort findet sich nur die Neukombination von
Xerula radicata in Hymenopellis. Elf Taxa werden
typifiziert. Mindestens zwei weitere Taxa werden nur als spec.
vorgestellt und noch nicht formal neu beschrieben.
Mehr als die Hälfte der Buchseiten umfasst die
Weltgattungsmonographie, mit einem Schlüssel zu den agaricoiden
Gattungen des Komplexes (bitte Ponticulomyces selbst einfügen) und
jeweils Artenschlüssel bei den einzelnen Gattungen. Die Arten werden
mit Basionym, Typus, Abbildungshinweisen, genauen Beschreibungen ihrer
makroskopischen Merkmale, Angaben zu Habitat und Verbreitung,
Beschreibung der mikroskopischen Merkmale und ausführlichen
Zeichnungen von zumeist Habitus und mikroskopischen Merkmalen. Es
folgen bei jedem Taxon ein Kommentar und die Liste der untersuchten
Belege.
Nur wer selber schon Frischpilze und Herbarbelege ausführlich
mikroskopiert und dokumentiert hat, kann abschätzen, wieviel Arbeit in
diesem monographischen Teil des Werkes drinnen steckt. Bei der Huthaut
wird nicht nur die Hutmitte untersucht, sondern auch der Hutrand extra
festgehalten. Die Zeichnungen bestechen durch ihre exakte und
professionelle Ausführung. Die Liste der untersuchten Belege ist
eindrucksvoll.
An die monographische Bearbeitung schließen die Farbtafeln einiger
Arten an. Einige sind etwas unscharf, andere ein wenig farbstichig,
leider sind nicht alle Taxa farbig abgebildet. Es sind auch vier
Originale von COOKE dabei, die im Herbarium des Royal Botanic Gardens
in Kew liegen. Anschließend an die Abbildungen, sozusagen als
Nachzügler, findet sich noch die letzte Beschreibung einer Art (Xerula
strigosa).
Ein weiterer sehr wichtiger Teil des Werkes ist Typusstudien
gewidmet. Die Autoren haben für alle Namen des Komplexes die
Typusbelege, die erhältlich waren, studiert und genau dokumentiert. Da
viele dieser Typen schwer zugänglich sind und durch mehrmalige
Untersuchung auch das Material immer weniger wird, kommt dieser
Dokumentation besondere Bedeutung zu, da diese Informationen jetzt für
alle weiteren Studien zur Verfügung stehen. In diesem Kapitel stehen
auch Informationen zu zweifelhaften und ausgeschlossenen Arten.
Ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie Indizes schließen das
Beiheft ab.
Trotz großer Mühe sind einige kleinere Tippfehler übrig geblieben
sind, z. B. der Hinweis bei der Überschrift von Tabelle 7 „blue text =
needs updating when published“ – hoffentlich wurde die Aktualisierung
trotzdem vorher durchgeführt; einmal Habit statt Habitat, phyogeny
statt phylogeny; in Tabelle 8 fehlt der per Fußnote angekündigte
Fettdruck; Sonderzeichen, etwa Hatscheks, fehlen teilweise bei Namen
und im Literaturverzeichnis; manche Ortsnamen sind nicht ganz richtig
wiedergegeben (Stophenreuth); Beistriche und Punkte doppelt;
Sekundenangaben ebenfalls hochgestellt u. a. Kleinigkeiten Das ist
aber angesichts der großen Seitenanzahl, des sicher vorhandenen
Zeitdrucks bei der Fertigstellung und der Tücke der diversen Software
nicht weiter verwunderlich.
Der große Wert dieser etwas teuren Monographie liegt in der genauen
Dokumentation aller Arten, die weltweit zum
Xerula/Oudemansiella-Komplex gehören. Als Standardwerk dieser Gruppe
sollte es in vielen Bücherregalen von öffentlichen Bibliotheken und
Mykologen stehen.
IRMGARD KRISAI-GREILHUBER
Österreichische Zeitschrift für Pilzkunde 20