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In ihrem Anfangsstadium befaßte sich die Hydrobiologie einfach mit dem
Studium des Lebens der Organismen im Wasser, war also lediglich ein
Zweig der Zoologie oder Botanik, der freilich Chemie und Physik des
Wassers als Hilfswissenschaften heranzog. Lamperts bekanntes Werk über
das „Leben der Binnengewässer“ kennzeichnet am besten in seiner
zusammenfassenden Darstellung diese Richtung, die man heute als
Autökologie bezeichnet.
Durch die genialen Forschungen Thienemanns und Naumanns hat die
Hydrobiologie jedoch eine wesentlich andere Entwicklung
genommen. Namentlich Thienemann — wie schon früher Forel (1892—1895,
1901) — lehrte es uns, die Gewässer, insbesondere die Seen als Ganzes,
als eine Lebenseinheit höherer Ordnung zu sehen. Physiographische und
biologische Faktoren werden nicht mehr für sich besonders, sondern in
ihren vielfachen wechselseitigen Beziehungen studiert
(vgl. z. B. Thienemann 1925). Dieses Bestreben führte zur Begründung
einer neuen Disziplin, der Limnologie (vgl. Thienemann 1925 a). Seine
schönste Frucht ist die von Thienemann und Naumann begründete
Seentypenlehre, die hier kurz skizziert sei. Es sind 3 Haupttypen von
Seen zu unterscheiden: oligotrophe, eutrophe und dystrophe Seen. Die
oligotrophen Seen sind tiefe Becken von großer Sichttiefe und von
ziemlich blauer Wasserfarbe. Ihre Uferbank ist verhältnismäßig gering
entwickelt, Phyto- und Zooplankton sind ziemlich arm. Die
Schlammablagerungen am Grunde der Gewässer sind verhältnismäßig wenig
mächtig; die Sauerstoff zehrenden Fäulnisprozesse im See haben daher
ein relativ geringes Ausmaß. Infolgedessen ist auch im Sommer der
Sauerstoffgehalt des Wassers von der Oberfläche bis zum Grund ziemlich
gleich hoch, die Kurve des Sauerstoff gef alles durchsetzt in der
Sprungschicht die Kurve des Temperaturgefälles. In den oligotrophen
Seen vermögen die großen Edelmaränen der Gattung Coregonus zu leben;
im Schlamm der Seentiefe beherrschen Chironomidenlarven aus der
Tamjtarsus-Gruppe (besonders Lauterbornia) das Bild.