Inhaltsbeschreibung top ↑
Mit der vorstehenden Darstellung hat der Autorden Versuch gemacht,
einige Grundlinien der experimentellen Planktonforschung — und
damit z. T. der experimentellen Limnologie überhaupt — zu ziehen.
Trotz des lebhaften Interesses, das der limnischen Planktonkunde in
den letzten Dezennien von verschiedener Seite der Biologie zum Teil
entgegengebracht ist, muß doch die Kenntnis des lebenden Planktons
immerhin als auffallend vernachlässigt bezeichnet werden. Es läßt sich
sogar nicht verneinen, daß die Planktonkunde noch in unseren Tagen
eine wesentlich deskriptive Wissenschaft geblieben ist.
Zahlreiche Faktoren haben das bedingt. Erstens die noch nicht ganz
abgelegte Arbeitsweise der Biologie selbst, immer nur „Proben“ zu
nehmen, um alles zu Hause zu besichtigen, anstatt die Zeit im Freien
für Beobachtungen zu verwerten. Zweitens die Ausbildung der meisten
Planktonforscher, die überwiegend Systematiker waren und keine
physiologische Schulung durchgemacht hatten. Drittens das Material
selbst: das oft schwer zu haltende, überaus empfindliche Plankton,
dessen Unzugänglichkeit für experimentelle Arbeit geradezu ein
Sprichwort in Biologenkreisen geworden ist.
Eine Änderung dieser Verhältnisse, die vor allem für die Jugend der
Planktonforschung bezeichnend waren, zum Besseren, ist allerdings
schon seit langem auf allen Gebieten zu spüren. Die Planktonforschiung
steht aber immerhin recht isoliert da. Ihre Ziele sind außerhalb der
Fachkreise recht unbekannt; und ihre Ergebnisse sind in Handbüchern
biologischen Inhalts oft staunenswert unbekannt geblieben. Gewiß mit
großem Unrecht! Denn nur selten in der Biologie unserer Tage dürfte
ein Gebiet von so synthetischen Gesichtspunkten wie die moderne
Planktonkunde bearbeitet werden. Hier begegnen sich die
verschiedensten Teildisziplinen der Naturforschung in enger
Zusammenarbeit, um das Plankton als Ganzheit in seiner Abhängigkeit
vom Milieu kennen zu lernen. Deskriptive Forschung und experimentelle
Arbeit muß hier Seite an Seite arbeiten. Der Ausgangspunkt ist der
ökologische: das Plankton in seiner Abhängigkeit vom Milieu. Die
“vorstehenden Grundlinien der experimentellen Planktonforschung
verfolgen einen doppelten Zweck: einerseits den von Haus aus noch
überwiegend deskriptiv arbeitenden Planktologen und den Limnologen
überhaupt — die experimentelle Fragestellung vorzuführen, andererseits
aber auch, die Aufmerksamkeit der Spezialforscher auf den
verschiedenen Gebieten der Physiologie auf das für die verschiedensten
Aufgaben so besonders vorzügliche Versuchsmaterial, das das Plankton
tatsächlich darstellt, hinzulenken.
Diese Aufgabe bedingt eine ganz besondere Art der Darstellung. Sie
nimmt ihren Ausgangspunkt durchweg von der Ökologie und führt
eigentlich nur etwa bis an den Punkt, wo die spezielle Physiologie
anzusetzen hat. So mag gewiß hier vieles dem Planktologen als gar zu
alltäglich, dem Physiologen als zu elementar erscheinen. Der eine wie
der andere wird aber hoffentlich hier jedenfalls einen allgemeinen
Überblick des Materials auf ökologischem Grund gewinnen können. Man
muß dabei erstens einmal lernen, mit dem lebenden Plankton richtig
umzugehen. Dann wird es auch keine Schwierigkeit mehr bereiten, die
spezielle Literatur zu benutzen, um an deren Hand weiter in die
Fragestellungen der experimentellen Planktonforschung in verschiedener
Hinsicht einzudringen.
Die vorstehende Darstellung ist rein methodologischer Art. Bei der
speziellen Besprechung der verschiedenen Planktongruppen hat es sich
demnach nur darum handeln können, die einschlägigen experimentellen
Untersuchungen kurz und schematisch zu gruppieren, nicht aber, über
ihre Ergebnisse im einzelnen zu berichten. Das ist eine Aufgabe, die
einer besonderen Darstellung in Zukunft vorbehalten werden muß.
Diese Darstellung hat keine Vorläufer und mußte demnach in jeder
Hinsicht etwas sui generis werden. Sie ist allmählich während einer
etwa zwanzigjährigen Tätigkeit auf dem Gebiet der Limnologie
entstanden, wobei vor allem das regional angelegte Studium der
Produktionsbiologie der früher in jeder Hinsicht limnologisch ganz
unbekannten Gewässer des oligo- bezw. dystrophen Typus der
Urgebirgsgebiete im Vordergrund stand. Was hier gebracht worden ist,
steht demnach auf festem Grund. Wenn also Versuche anderswo
nachgemacht werden und mißlingen, so muß also die Ursache in erster
Linie in regionalen Verschiedenheiten wechselnder Art gesucht werden.
Die Limnologie der Zukunft muß gewiß zum wesentlichen Teil
experimentell begründet werden. Aber auch die experimentelle Forschung
muß auf unserem Gebiet von der regionalen Fragestellung — das ist doch
der Ausgangspunkt der ganzen modernen Limnologie überhaupt — geregelt
werden. Dies ist eine Kenntnis, die sich aber erst nunmehr allmählich
einzubürgern beginnt.