Das umfangreiche Werk (805 Seiten) befasst sich mit allen
Themenkreisen, die für die Geologie Brandenburgs von Bedeutung
sind. Dabei handeln die 50 Autoren die verschiedenen Fachgebiete in
unterschiedlich langen Beiträgen ab. Aufgrund der thematischen
Aufteilung gewährleisten die Bearbeiter in ihrem Fachbereich jeweils
den neuesten Stand der Wissenschaft, was sich auch in der bis 2014
aufgeführten Literatur im Bezug zum Erscheinungsjahr 2015
widerspiegelt.
Alle Beiträge zeichnen sich je nach Schwerpunkt durch sorgfältig
gestaltete und didaktisch sehr gelungene
stratigraphische/lithologische Übersichtsprofile sowie durch
Schemaskizzen, geologische Schnitte und Aufschluss- und Objektfotos
aus.
Bereits nach kurzem Einblick in das Inhaltsverzeichnis wird der
didaktisch sehr gute Aufbau des Werkes deutlich, in dem in logischer
Reihenfolge alle für Brandenburg wichtigen Kernthemen der
Geowissenschaften abgehandelt werden. Dabei weisen die einzelnen
Kapitel gemäß dem historisch bereits verfügbaren und dem erst in
jüngster Zeit hinzu gekommenem Fachwissen unterschiedlichen Umfang
auf.
Im Geologisch-Geomorphologischem Überblick (Kap. 1, 24 S.) wird die
geologische Position Brandenburgs durch das Einbringen der
Landesumrisse in Karten des großräumigen tektonischen Bauplans und des
Norddeutschen Beckens deutlich. Dadurch erschließen sich tektonische
und fazielle Gegebenheiten schnell. Die Ausführungen zur geologischen
Erforschung Brandenburgs und die Blattübersicht über die geologischen
und faziellen Karten runden das Kapitel ab. Ferner ist die Darstellung
von bedeutenden Tiefbohrungen von großem Interesse. In ihnen sind
z. B. auch die lagerstättenkundlich besonders interessanten
Zeitabschnitte von Rotliegend und Zechstein sowie die mesozoischen
Abteilungen des »oberen Stockwerks « übersichtlich dargestellt.
Im Kapitel 2 (Stratigraphie; 16 S.) ist die Korrelation der regionalen
mit der globalen Stratigraphie hervorzuheben. Für Studenten sehr
lesenswert sind die Ausführungen zur zeitlichen Eichung und Auflösung
der stratigraphischen Skala sowie die Darstellung der verschiedenen
stratigraphischen Methoden. Die persönlichen Ausführungen der Autoren
zur stratigraphischen Nomenklatur sowie zur regionalen und globalen
Gliederung regen sehr zum Nachdenken an. Das Kapitel wird durch kurze
Abhandlungen zu Schichtlücken, Bodenschätzen und zu den verschiedenen
stratigraphischen Tabellen der Jahre 1997, 2002 und 2010 abgerundet.
Nach diesen umfassenden, grundlegenden Informationen wird die
regionalgeologische Entwicklung im Kapitel 3, das den Kern des Werkes
darstellt, auf 398 Seiten abgehandelt. Dabei wird in großen
Unterkapiteln, denen jeweils ein sehr informativer allgemeiner
Überblick vorangestellt ist, (1; 55 Seiten) die
spätproterozoische-frühpaläozoische, (2; 162 Seiten) die
spätpaläozoische-mesozoische und (3; 181 Seiten; davon 75 Seiten
Tertiär und 105 Seiten Quartär) die känozoische Entwicklungsetappen
abgehandelt.
Dabei wird jede Periode mit ihrer weiteren Unterteilung in Serien,
regionale Stufen, Formation und Schichten systematisch besprochen. Auf
allen übersichtlich gestalteten Karten ist stets die Position
Brandenburgs dargestellt, was es einfach ermöglicht, die
paläogeographischen und faziellen Bedingungen zu erkennen. Darüber
hinaus wird auch der plattentektonische Rahmen für einzelne
Zeitabschnitte in sehr guten Abbildungen dokumentiert.
Es ist schwer einzelne Kapitel besonders hervorzuheben, da sich alle
durch sehr gute moderne Bearbeitung auszeichnen und mit entsprechenden
qualitativ hochwertigen und anschaulichen Karten, Lithofaziesbildern
sowie geologischen Schnitten und Log-Korrelationen versehen sind.
Ob permokarbonische Vulkanite, sedimentäres Rotliegend, Zechstein,
Trias, Jura oder Kreide; alle Ausführungen und Darstellungen reizen,
sich sofort mit einigen Fragen auf der Basis der dargebotenen Daten
und Darstellungen weiter zu beschäftigen.
Entsprechend der geologischen Situation in Brandenburg ist die
Känozoische Entwicklungsetappe (Kapitel 3.3) mit Tertiär und Quartär
trotz ihres vergleichsweise geringen zeitlichen Umfangs (ca. 65
Mio. a) im Vergleich zum vorher abgehandelten
Paläozoikum/Proterozoikum (ca. 330 Mio. a) und Mesozoikum (ca. 185
Mio. a) natürlich besonders umfassend ausgearbeitet und reichlich
bebildert. Das Tertiär mit seinen Braunkohleflözen und der komplexen
Sedimentologie (Meeresspiegelkurven) wird in einzelnen detaillierten
paläogeographischen Karten, mit lithostratigraphischer Gliederung und
Gamma-Log-Korrelationen ausgezeichnet dokumentiert. Hinzu kommen
repräsentative Aufschluß- und Fossilfotos, die animieren, diese
Lokationen sofort zu besuchen (z. B. Mischwatt, Sandwatt,
Rinnenfazies, bioturbate Sande, Sande mit Flaserschichtung,
Flammentone, etc.). Abschließend werden Fragen der Flözbildung der
Moorfazies und des petrograhischen Flözaufbau besprochen.
Das Quartär (Eiszeitalter; Pleistozän, Holozän) wird mittels zweier
quartärgeologischer Schichtenschnitte durch das Land Brandenburg und
eine Gliederungstabelle für das Pleistozän anschaulich
dargestellt. Die Autoren erläutern detailliert den Kenntnisstand
beginnend im Präglazial und basierend auf den bisherigen
morphologischen und sedimentologischen Befunden, die unter Anderem den
Erkundungen im Zuge der Ressourcennutzung und bergbaulichen
Aktivitäten geschuldet sind. Dabei wir auch auf die morphologische
Überprägung der Landschaft insbesondere in den Interglazialen und
Interstadialen Bezug genommen. Die systematische Dokumentation der
verschiedenen Kalt- und Warmzeiten wird allerdings nur durch im
Verhältnis zum Text (75 Seiten) vergleichsweise wenige Abbildungen (19
Abbildungen) aufgelockert. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zum
Holozän und mit dem Schwerpunkt der äolischen Überprägung,
insbesondere der Bildung von Flugsanden. Die Autoren weisen auch auf
die bis heute lückenhafte Korrelation zwischen der alpinen und
nordeuropäischen quartärgeologischen Stratigraphie hin.
Das Kapitel 4 zur Strukturgeologischen Entwicklung befasst sich
zunächst (1) mit dem Krustenbau und dem kristallinen Fundament, (2)
mit der variszischen Tektonik, der postvariszischen Beckenentwicklung
und synalpidischen Remobilisierung und der Salztektonik
(Halokinese). Die zeitlichen Zusammenhänge werden in guten Abbildungen
(z. B. Störungszonen und Schollenbau im Deckgebirge sowie Karte der
Salinarstrukturen Brandenburgs) und Tabellen dargestellt. Das Kapitel
wird durch Ausführungen zur neotektonischen Beanspruchung, zu
elsterzeitlichen Rinnen und zur Glazialtektonik mit guten Abbildungen
(u. a. seismisches Profil durch eine glazialtektonische Schuppenfolge)
abgerundet.
Im 5. Kapitel zu geophysikalischen und geochemischen
Untersuchungsmethoden werden die gravimetrischen Anomalien,
magnetischen Anomalien, Seismik- Studien und beispielhaft Ergebnisse
der Magnetotellurik in Brandenburg in einigen guten Abbildungen
dokumentiert. Dabei ist stets eine die Methoden erklärende Einleitung
den Beispielen vorgeschaltet. Im geochemischen Kapitel werden
Ergebnisse element- und isotopengeochmeischer Untersuchungen über
Pelite über die Grenzen Brandenburgs hinaus dargestellt. Die
ausgewählten Datensätze, die in stratigraphischen Säulen und in
Tabellen dokumentiert sind, zeigen beispielhaft ihr Potential zur
Verwendung bei mineralo-geochemischen Korrelationen und zur Erfassung
des geochemischen Hintergrundes für Anwenderfragen
(z. B. Endlagerung).
Mit diesem Kapitel wird gewissermaßen die Brücke zum folgenden Kapitel
6 Georessourcen, Geopotentiale geschlagen. Von großer Bedeutung sind
die Ausführungen über Wasser als Rohstoff, in denen die hydrologischen
Teilräume Brandenburgs, die hydrodynamischen Verhältnisse und
hydrogeochemische Situation abgehandelt werden. Ferner wird auf die
Bewirtschaftung der Grundwasserlagerstätten und Grundwasserversalzung
eingegangen.
In einem Unterkapitel Steine- und Erdenrohstoffe werden sowohl die
Gewinnungsstätten als auch die Entwicklung der Förderung von Kies und
Sand, Quarzund Spezialsand, Grauwacke, Kalkstein, Ton und Torf
diskutiert. Bei den Energierohstoffen sind neben Braunkohle und
Steinkohle besonders die Ausführungen Kohlenwasserstofflagerstätten
hervorzuheben. Die Auflistung der Erdöl-Erdgaslagerstätten gibt durch
Darlegung der Explorationstheorien und Explorationsziele im
Rotliegenden und im Staßfurtkarbonat einen guten Einblick in die
Bedeutung der sedimentologischen Interpretation wie bereits z. B. in
den Ausführungen zum Zechstein anhand der Dokumentation der
verschiedenen seismischen Anomalien deutlich wird. Ausführungen zur
Erdwärmepotential (Oberflächennahe Geothermie und tiefe Erdwärme)
sowie zu Thermalsolen runden den ersten Teil des Lagerstättenkapitels
ab.
Im Unterkapitel über Erze werden nach einer kurzen Einleitung, in der
die überraschenden Erzlagerstättenfunde in auf Kohlenasserstoffen
abgeteuften Bohrungen gestreift werden, auf den Korallenoolith und die
besonders wichtigen Kupferschiefer- Lagerstätten auch mit klaren
Übersichtsdarstellungen eingegangen. Das gesamte Kapitel wird durch
Ausführungen zu Speicherpotentialen und Geopotenzialen abgeschlossen.
Im Kapitel 7 werden die die wichtigsten Bodengesellschaften
Brandenburgs mit ihren Variationen in Abhängigkeit von den
verschiedenen Substratgruppen und der Morphologie der Landschaft sowie
ihre Verbreitung beschrieben. Überraschend mag die Vielfältigkeit und
Heterogenität der Böden sein. Hier liefert der Autor einen
überzeugenden Erklärungsansatz über die quartäre Regionalentwicklung,
berücksichtigt aber auch die anthropogene Überprägung und
Beeinflussung der Bodenentwicklung durch tiefgreifende Bearbeitung und
nutzungsinduzierte Umlagerungen in der Landschaft. Ein wichtiger
Abschnitt befasst sich mit der Problematik der Flächenversiegelung in
den Städten, einschließlich des urbanen Ballungsraumes Berlin-Potsdam,
und den dort vorkommenden Böden, die häufig aus Siedlungsschutt mit
technogenen Beimengungen, unter anderem bedingt durch die Zerstörungen
im Zweiten Weltkrieg, aufgebaut sind. Abschließend wird am Beispiel
des Finowbodens spätglazialer Genese auf die Bedeutung von Paläoböden
zur Rekonstruktion der Landschafts- und Klimageschichte hingewiesen.
Im Kapitel 8 Georisiken wird anhand von Fallbeispielen für exogene
Risiken Probleme der Auenbereiche (Oderbruch, Elb-Havel-Winkel), von
Starkregenereignissen (Kolk-Bildung), Hangrutschungen und Versalzungen
abgehandelt. Ferner wird auf anthropogene Georisiken durch
Bergbaufolgen und Sanierung in Rohstoffabbaugebieten
eingegangen. Insgesamt wird das Gefahrenpotential in Brandenburg als
sehr gering eingeschätzt und sind mit Ausnahme der durch den
Braunkohlenbergbau beanspruchten Flächen nur lokal und beherrschbar.
Folgerichtig wird das umfassende Werk mit einem Kapitel 9 zur
Landschaft im Wandel-das künftige Gesicht Brandenburgs abgeschlossen,
in dem sowohl die Entwicklung ländlicher Räume als auch die Einflüsse
globalen Wandels auf lokaler Ebene angesprochen werden.
In einem abschließenden Kapitel zu wichtigen geologischen Aufschlüssen
und Geotopen wird dem sicher nun geowissenschaftlich hungrig
gewordenen Leser anhand sehr gut ausgewählter Aufschluss- und
Landschaftsfotos ein Leitfaden zum Besuch Brandenburgs an die Hand
gegeben, der durch die Erwähnung der bisher erschienenen Führer zur
Geologie von Berlin und Brandenburg (Hrsg. J.H. Schröder, 1993-2014)
vervollständigt wird.
Das 66 Seiten umfassende Literaturverzeichnis ermöglicht nicht nur den
Einstieg in jedes angesprochene Themenfeld sondern bietet auch für
erfahrene Geowissenschaftler eine Fülle neuester Literatur bis
2014. Das 16 Seiten umfassende Sachwortregister ermöglichst es darüber
hinaus neben zahlreichen Bohrungen auch Ausführungen zu den
u. a. angesprochenen geologischen und stratigraphischen Einheiten
rasch zu finden.
Insgesamt stellt die »Geologie von Brandenburg« ein umfassendes
begeisterndes Werk dar, in dem man die Freude an der Erstellung durch
die Herausgeber W. Stackebrandt und D. Franke sowie der 50 Autoren
spüren kann. Das Buch kann als beispielhaft für ein modernes
geologisches Fachbuch gesehen werden, in dem alle Facetten von
klassischen geologischen Fragestellungen bis zu heutigen Umweltfragen
angesprochen und dabei die großen Zusammenhänge deutlich werden.
Es ist auch ein Buch in das geo- und umweltwissenschaftlich
interessierte Bürger hineinschauen sollten, vermittelt es doch einen
guten Eindruck über die komplexen Zusammenhänge und demaskiert so
manche Vereinfachung.
Rupert Bäumler & Roman Koch, GeoZentrum Erlangen
Geologische Blätter für Nordost-Bayern und angrenzende Gebiete Band 66
Heft 1-4 (2016)