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Die Darstellung der Evolution des Tierreichs, wie sie auf diesem
Poster mit Begleitheft in der nun 5. Auflage erscheint, unterscheidet
sich grundlegend von den üblichen Stammbaum-Darstellungen, die nichts
über den Ablauf des evolutionären Wandels aussagen. Im Gegensatz dazu
geht diese Evolutionsgeschichte von einer anderen Grundlage aus: Alles
was heute ist, ist das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung. Sie
erklärt, warum etwas so ist wie es ist. Wir rekonstruieren den
evolutiven Wandel aus der (heutigen) Kenntnis von Konstruktion und
Funktionsweise des Körpers der Tiere. Aus diesen Rekonstruktionen der
Geschichte lassen sich zum einen Evolutionsbahnen begründen, zum
anderen ergeben sich Antworten auf die interessanten Warum-Fragen:
Warum haben die Landwirbeltiere vier Beine? Weil sie sich aus den zwei
Paar Flossen ihrer Fischvorfahren entwickelten. Warum hatten sie zwei
Paar Flossen? Weil das bei einem langgestreckten Fischkörper zur
Stabilisierung des Schwimmens physikalisch notwendig ist.
Die integrative Eigenschaft der Konstruktions-Morphologie wird hier
deutlich: Körperkonstruktion, ihr Umweltbezug, die möglichen
Verhaltensweisen der Tiere und die weiteren Evolutionsmöglichkeiten
gehen zugleich in die Begründungen und deren Darstellung ein.
Der Text im Begleitheft ist die Kurzform einer langen Reihe von
Arbeiten, die seit etwa 1970 publiziert wurden. So wie die Grafik des
Posters die wichtigsten Stadien der Entwicklung zeigt, werden diese
auch im Text erklärt, der die Struktur einer Erzählung hat – für
manche Abläufe stark gerafft, für andere ausführlicher, denn einige
„strategisch“ wichtige Punkte sind genauer beschrieben, wie die
Entstehung des Ur-Tiers oder die Entstehung der Chorda (Vorläufer der
Wirbelsäule). Diese alten Rätsel der Zoologie konnten erst durch die
hier angewendete Konstruktions-Betrachtung gelöst werden.
Neben den Haupt-Evolutionslinien werden allerdings auch eine Reihe
wenig bekannter, ganz nebensächlich erscheinender Tiere erklärt. Sie
hatten unter den Zoologen zu heftigen Auseinandersetzungen geführt und
nicht zuletzt unsere andersartige Sichtweise der Dinge befestigt.
Ergebnisse der molekularbiologischen Forschung stürzten zu Ende der
1990er Jahre die alten Stammbäume um. Diese Neuerungen beruhen auf
molekularen Sequenzen und nicht auf dem Körperbau der Tiere. Sie
können deswegen zur allmählichen Transformation der
Körperkonstruktionen keine Aussage machen, wohl aber zu einigen
wesentlichen Punkten der Evolutionsgeschichte, – und sie bestätigen
unsere Rekonstruktionen des Evolutionsverlaufs und seiner
Verzweigungen, die die Vielfalt des Tierreichs und letztlich auch den
Menschen hervorgebracht haben.