Mehr als einhundert Jahre nach der ersten Beschreibung der
oberdevonischen Floren von der zwischen Svalbard und dem norwegischen
Festland gelegenen Bäreninsel durch den schwedischen Paläobotaniker
NATHORST liefert uns der Verfasser mit vorliegendem Band eine aktuelle
Gesamtübersicht zu dieser Thematik. Diese Gesamtübersicht gründet
sich dabei nicht nur auf das zahlreiche, in verschiedenen europäischen
Sammlungen vorhandene Material, sondern auch auf die umfangreichen
Geländearbeiten, die der Autor vor bereits mehr als 35 Jahren selbst
unter schwierigsten Bedingungen auf dieser rauhen und unwirtlichen
Insel durchführte.
Die Pflanzen stammen aus den flözführenden Mysery- (Fa2a -- Fa2c) und
Tunheim-Serien, (Tn1ay), zwischen denen die flözleere (und
fossilleere) Sandstein- Serie liegt. Während die Mysery-Serie unter
limnischen Bedingungen abgelagert wurde, nimmt der Verfasser für die
Tunheim-Serie zumindest temporär paralische Bedingungen an. Der
Verfasser geht ausführlich auf die Taxonomie und Paläoökologie der
beiden pflanzenführenden Serien ein und stellt die unterschiedliche
Zusammensetzung der beiden von ihm unterschiedenen Floren in
Vegetationsbildern dar.
Zusammengenommen umfassen die oberdevonischen Floren der Bäreninsel
die Taxa Codonophyton epiphyticum NATHORST, Sublepidodendron heeri
nov. comb., Pseudolepidodendropsis carneggianum (HEER) SCHWEITZER,
Jurinodendron kiltorkense (HAUGHTON) DOWELD, Lepidosigillaria?
macrocicatricosa n. sp., Sphenophyllum tenerrimum ETTINGSHAUSEN,
Pseudobornia ursina NATHORST, Cephalopteris mirabilis NATHORST,
Cephalopteris keilhaui (NATHORST) SCHWEITZER, Cephalopteris
tunheimensis n. sp., Cephalopteris squarrosa n. sp., Cephalopteris
myserimontis n. sp., Sphenocyclopteridium belgicum STOCKMANS,
Archaeopteris macilenta LESQUEREUX und Archaeopteris halliana
(GOEPPERT) STUR.
Der Verf. beschreibt die einzelnen Taxa ausführlich und dokumentiert
sie fotografisch und auch durch interpretative Zeichnungen
bzw. Rekonstruktionszeichnungen. Dabei stört allerdings etwas, dass
verschiedene der beschriebenen, z. T. sehr wichtigen Fundstücke nach
Aussage des Autors entweder direkt bei der Bergung im Gelände zerstört
wurden (z.B. Cephalopteris myserimontis, S.144; Archaeopteris
halliana, S. 167) bzw. während Ausleihen an Dritte verloren gingen,
weshalb der Autor die Stücke "aus der Erinnerung" beschreiben musste
(z.B. fertile Reste von Pseudobornia ursina, S. 77).
Negativ fällt (wie bereits bei früheren Bänden der Reihe) der sehr
hohe Preis dieses Bandes auf, der sicher auch durch die aufwendige
Ausstattung mit mehreren Ausfaltbeilagen, sowie insgesamt 57
Fototafeln zurückgeht. Wie schon bei früheren Arbeiten des Autors
stellt sich hier dem Rez. die Frage, ob wirklich Zeichnungen einzelner
Fundstücke bzw. Rekonstruktionen im Maßstab 1:1 für den
wissenschaftlichen Wert einer solchen Arbeit notwendig sind, oder ob
ein kleinerer Maßstab nicht auch ausgereicht hätte, wodurch dann die
Ausfaltbeilagen entfallen wären. Auch die Zahl der Fototafeln hätte
man sicherlich ohne Informationsverlust reduzieren können. Hier sollte
man sich überlegen, ob es wirklich vom wissenschaftliche Standpunkt
her notwendig ist, das selbe Stück mehrmals 334 Basisgruppen und
Paläobotanik (wenngleich auch in verschiedenen Vergrößerungen)
fotografisch abzubilden. Dass sich das, zugegebenermaßen, sehr
detaillierte und ausführliche, englischsprachige Summary (5 ½ Seiten),
sowie die deutsche Zusammenfassung (5 Seiten) über mehrere Seiten
erstrecken, entspricht sicherlich nicht den normalen Gepflogenheiten
der Palaeontographica oder anderer ernstzunehmender wissenschaftlicher
Zeitschriften, verschafft aber dem Leser, der sich nur einen groben
Überblick über die Thematik verschaffen will, einen recht guten
Einblick in den Inhalt dieses Bandes.
Das Werk stellt trotz aller (eher formaler) Kritikpunkte einen sehr
guten Überblick über den aktuellen Wissensstand bei den
Oberdevon-Floren der Bäreninsel dar und ist daher ein sehr guter
Startpunkt für zukünftige, weiterführende Arbeiten über die
oberdevonischen Paläofloren der gesamten Arktis.
D. UHL
Zentralblatt f. Geol. u. Pal. Teil II, Jg. 2007, H. 1-2