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Die Lebensverhältnisse unserer Flüsse und Ströme, als Ganzes
betrachtet, sind noch fast nie systematisch erforscht worden. Selbst
der Begriff „Leben eines Flusses“, die eigentliche Potamobiologie,
war bis jetzt von den Hydrologen präokkupiert. Erschienen doch
noch in den letzten Jahren Werke mit dem Titel „Leben des
Flusses“ und Untertitel — Potamologie!
Eine erste Zusammenstellung des Flußlebens finden wir in dem
vortrefflichen Werk von Shelford, 1913, über „Animal Communities in
Temperate America“, welche dann auch in der großangelegten
Süßwasserbiologie von Ward and Whipple, 1918, nur in etwas veränderter
Form, angeführt wird. Jedoch beziehen sich die Ausführungen des
Verfassers auf kleinere, meist schnell dahinfließende, Flüsse des Lake
Michigan oder Illinois Bassins.
Als die erste wirkliche Potamobiologie können wir Lauterborns Arbeit
„Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms“,
1916/18, auffassen. Eine Potamobiologie eines Stroms, und zwar eines
noch ganz in natürlichen Verhältnissen dahinfließenden Stroms, fehlt
uns noch und kann wohl in erschöpfendem Maße auch noch gegenwärtig
nicht geliefert werden.
Die vorliegende Darstellung des Lebens der Wolga ist durchaus noch
nicht eine gesamte Potamobiologie dieses größten Stroms Europas. Es
ist eine kurze Zusammenstellung der Hauptstromprobleme und
Beschreibung der wichtigsten von ihnen, wie wir dieselben an der Wolga
bis jetzt feststellen konnten. Dabei mußte der Autor sich mit einer
Schilderung des eigentlichen Stromlaufs beschränken und die noch viel
mannigfaltigeren und bis heute noch weniger bekannten Verhältnisse der
Stromaltwässer für eine eventuelle spätere derartige Abhandlung
überlassen.
Eine zusammenfassende Abhandlung über die Strombiologie dachte ich mir
zunächst anders. Es sollten die einzelnen Lebensgemeinschaften — das
Plankton, das Benthos usw. — der Flüsse und Ströme überhaupt
beschrieben werden, um auf diese Weise dann eine Gesamtdarstellung der
Potamobiologie zu ermöglichen. Doch stellte sich das gegenwärtig als
unausführbar heraus. Wissen wir doch noch nichts Zusammenhängendes,
Allgemeines, gerade über unsere größten Ströme Asiens, Afrikas und
eigentlich auch Amerikas, ja selbst über den Mississippi können wir
bis heute noch nicht sagen, daß er allgemein hydrobiologisch
untersucht ist. Deshalb glaubte der Autor, sich auf eine derartige
ganz kurze Übersicht über die Lebensverhältnisse der Wolga beschränken
zu müssen, in der Hoffnung, daß die nächste Zeit, welche sich ja
geradezu zu einer Blütezeit der Limnologie entwickelt, uns weitere
derartige zusammenfassende Darstellungen über das Leben der Ströme
bringen wird.