Die vorliegende, völlig neu überarbeitete und aktualisierte Auflage
der Mineralogischen Tabellen von Hugo Strunz erscheint erstmals in
englischer Sprache. Die Mineralogischen Tabellen basieren wie in der
ersten Auflage von 1941 auf kristallchemischer Grundlage. Von
Bedeutung für die Einteilung sind die jeweiligen Strukturtypen, die
Kationengrößen und die Koordinationszahlen. Alle bisher bekannten
Minerale, etwa 4000 - jedes Jahr kommen 60 bis 80 neue Minerale hinzu
- werden aufgrund chemischer Gesichtspunkte in 10 Klassen
eingeordnet. Jede Klasse wird auf der Basis strukturchemischer
Richtlinien weiter unterteilt in Abteilungen [divisions],
Unterabteilungen [subdivisions] und Gruppen [groups]. Eine weitere
Untergliederung ermöglichen die Begriffe Familie [family]
(z. B. Amphibol-Familie) und Reihe [series] (Olivin-Reihe,
Pyralspit-Reihe). Das hier verwendete und 1994 von der Commission on
New Minerals & Mineral Names der IMA (International Mineralogical
Association) abgesegnete Klassifikationssystem und alphanumerische
Code-Schema erlaubt auch zukünftig ohne grundsätzliche
Systemänderungen das Einfügen tausender neuer Minerale. Auf den
Innenseiten des vorderen und hinteren Einbands finden sich die
Ionenradien mit steigender Ordnungszahl bzw. das Periodensystem der
Elemente einschließlich Molekülorbital-Schema.
Die 31 einleitenden Seiten behandeln:
historische Entwicklung der Mineralklassifizierung;
chemische Bindung und Kristallstruktur: Bravaisgitter,
Kristallsysteme, Kristallklassen und Raumgruppen gemäß der
International Tables for Crystallography von 1996;
Definitionen: Kristalle, Minerale, Isotypie, Homöo- und Heterotypie,
Polymorphie, Polytypie, Diadochie, gekoppelter Ersatz,
Koordinationszahl und Koordinationspolyeder;
Beschreibung der Tabellenangaben: Jede Mineralgruppe besitzt einen
alphanumerischen Code (s. unten). Ist die Kristallstruktur bekannt, so
erfolgt deren Kurzbeschreibung, öfters begleitet von einem
Strukturbild. Innerhalb einer Gruppe wird jedes Mineral wie folgt
aufgeführt: Mineralname, chemische Formel, Kristallsystem, Raumgruppe,
Gruppennummer, Autor(en) der Erstveröffentlichung, kristallographische
Parameter, Anzahl der Formeleinheiten pro Elementarzelle, wichtige
Literaturhinweise. Bei den chemischen Formeln gibt man im allgemeinen
die Endglieder von Mischungsreihen an. Die Hauptsubstituenten erfolgen
in runden Klammern mit abnehmender Häufigkeit.
Erläuterung des Klassifikationssystems. Innerhalb einer Klasse werden
die Minerale aufgrund der großen Diversität der Bindungstypen nach
ganz unterschiedlichen Kriterien weiter unterteilt, wie z. B.:
Polymerisationsgrad der Anionen-Polyeder,
Kationen-/Anionen-Verhältnis, Auftreten oder Fehlen von (OH)-Gruppen
bzw. H2O.
Abkürzungen der zitierten Zeitschriftennamen.
Die Daten im Tabellenteil stammen zumeist aus der Primärliteratur; man
ergänzt sie aber, wo sinnvoll, durch Informationen aus
Sekundärliteratur, wie z. B. aus der Mineral Database und den
International Tables for Crystallography.
Auf den folgenden 621 Seiten werden die bis Ende 1999 bekannten
Minerale nach der oben genannten Systematik in 10 Klassen eingeteilt:
Elemente (Metalle und intermetallische Legierungen, Halbmetalle und
Nichtmetalle, Carbide, Silicide, Nitride, Phosphide); Sulfide und
Sulfosalze (Sulfide, Selenide, Telluride, Arsenide, Antimonide,
Bismutide, Sulfarsenite, Sulfantimonite, Sulfbismutite,...);
Halide;
Oxide (Hydroxide, V[5,6]-Vanadate, Arsenite, Antimonite, Bismutite,
Sulfite, Selenite, Tellurite, Iodate);
Carbonate (und Nitrate);
Borate;
Sulfate ( Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate, Wolframate);
Phosphate, Arsenate, Vanadate;
Silikate (Germanate);
Organische Verbindungen.
Im Anhang werden die im Jahr 2000 neu entdeckten Minerale beschrieben
sowie eine Reklassifikation von 5 Mineralen bzw. Mineralgruppen
durchgeführt.
Abschließend findet man auf 133 Seiten einen alphabetischen Index
aller genannten Minerale, ergänzt durch alte deutsche und
angelsächsische Bergmannsbegriffe sowie Varietätennamen.
Will man über die Minerale oder deren Mischkristalle mehr als nur die
Chemie und die Strukturdaten wissen, so muss man in der einschlägigen
Literatur nachschlagen. Die hier genannten Zitate reichen dafür
natürlich bei weitem nicht aus, sondern sind allerhöchstens ein
Einstieg. Oft ist die Kurzbeschreibung nur sehr schematisch gehalten
und stellt z. B. bei den Feldspäten keinesfalls die heute bekannten
strukturellen Feinheiten dar.
Obwohl dieses Standardwerk eine große Fülle von Mineralen umfasst,
vermisst man die in der älteren Literatur gebräuchlichen
Mischkristallnamen wie z. B. die Orthopyroxene Bronzit und
Hypersthen. Auch wenn diese Namen in der neuen Nomenklatur nicht mehr
existieren, so sollte man sie doch mit der Anmerkung veraltet oder
ungültiger Name für aufführen.
In keinem anderen Werk findet man eine so umfassende Übersicht aller
bekannten Minerale und der wichtigsten Strukturtypen. Es stellt
aufgrund der aktualisierten Daten und Strukturbilder eine deutliche
Verbesserung gegenüber älteren Auflagen dar und kann jedem
Geowissenschaftler, Chemiker, Physiker, Mineraliensammler und jedem
naturwissenschaftlichen Museum zum Kauf empfohlen werden.
C. Schmitt-Riegraf
Zentralblatt für Geologie und Paläontologie, Jg.