Wie manche Invertebraten die Produktion von Calciumkarbonat-Polymorphen steuern, weiß man bis heute nicht, obgleich der Vorgang faszinierend ist. Die Klappen der rezenten Muschel Mytilus edulis mit ihrem abrupten Wechsel von einer äußeren Calcit- zu einer inneren Aragonitschicht sind ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Erscheinung. Die Verf. betrachten die Kristallographie von ganzen Klappen detailiert mit Hilfe der Rückstreuelektronenbeugung (EBSD) unter Berücksichtigung von quantitativen chemischen Analysen mit der Elektronenstrahlmikrosonde. Abgesehen von den äußeren 40µ unterscheiden sich Einzelkristalle in der Calcitschicht bei Mytilus edulis voneinander durch eine nicht gerichtete Orientierung mit einem Schwankungsbereich von höchstens 10°. Eine vergleichbare Einheitlichkeit kommt in der inneren Aragonitschicht mit nennenswerter mineralischer Brückenbildung durch Perlmutttäfelchen vor. Die zuerst gebileten Aragonitlamellen sind kaum 1 µ dick; die folgenden erreichen einheitlich 1 µ Dicke.

Eine wechselnde chemische Zusammensetzung in den beiden Klappen eines Individuums geht teilweise mit der Verteilung der beiden Polymorphen einher. Magnesium ist in beträchtlich höheren Konzentrationen im Calcit als im Aragonit vorhanden. Jedoch ist die Mg2+-Konzentration im Calcit nicht einheitlich und erhöht sich im Laufe des Wachstums, um sich dann beim Wechsel des Polymorphen zu verringern. Durch die Calcitschicht hindurch verringert sich die Na-Konzentration ständig. Die Zusammensetzung der Aragonitschicht ist einheitlicher. Schwefel ist kein guter Anzeiger für den Gehalt an organischer Substanz in diesem System, weil er den höheren Gehalt an organischer Substanz im Aragonit nicht wiederspiegelt. Eine Zonierung in Sektoren ist für die Elementverteilung hier nicht maßgebend, während Unterschiede in der Kristallgröße und ihre Vergesellschaftung mit organischen Bestandteilen als mögliche Erklärung in Frage kommt.

W. RIEGRAF

Zentralblatt f. Geol. u. Pal. Teil II, Jg. 2007, H. 1-2