Wladimir Köppen (1846–1940)* ist einer jener Wissenschaftler, deren
Wirken in der Meteorologie und Klimatologie nicht nur national,
sondern auch international bis in die Gegenwart fortbesteht. Es ist
deshalb zu begrüßen, dass mit dem hier zu besprechenden Band eine in
deutscher und englischer Sprache abgefasste Biographie (neben einer
auf Russisch 2018 erschienenen) vorgelegt wird. Das Buch ist formal
sehr ansprechend ausgestattet; mit festem Einband, Lesebändchen,
Kapitalband sowie Farbfotos versehen und auf hochwertigem Papier
gedruckt. Allerdings wäre es nach Auffassung des Rezensenten
platzsparender gewesen, wenn man den englischen und deutschen Text
nicht hintereinander gesetzt hätte, sondern, in zwei Spalten pro
Seite, nebeneinander. Dadurch wäre die Doppelung sämtlicher
Abbildungen und Tabellen erspart geblieben. Der jeweilige deutsche
und englische Text lässt sich in vier unterschiedlich lange Teile
gliedern (nachfolgende Zitate beziehen sich auf den deutschen
Text). Den Auftakt macht mit einem kurzen Vorwort, das einige Abdrucke
aus den Familienbüchern enthält, der Urenkel von W. Köppen, Günther
Schönharting. In einem weiteren Abschnitt würdigt Jörg Thiede,
Universität St. Petersburg, Russland, W. Köppens wissenschaftliches
Werk. Anschließend folgt der Abdruck der von Köppens Tochter, Else
Wegener-Köppen, bereits im Jahr 1955 unter Mitwirkung von Erich
Kuhlbrodt, Hamburg, angefertigten Biographie, in der die von W. Köppen
selbst bis 1903 verfassten Erinnerungen mitverarbeitet wurden
(WEGENER-KÖPPEN, 1955). Für den deutschen und englischen Teil wurde
zudem ein sehr umfangreiches zweisprachiges Literaturverzeichnis
angefertigt. Die englische Übersetzung orientiert sich eng an der
deutschen Vorlage. Köppen war „naturalisierter Russe, der als Sohn
ursprünglich deutschstämmiger Eltern 1846 in St. Petersburg geboren
wurde“ (S. 181). Er studierte sowohl in Deutschland (Heidelberg,
Leipzig) als auch in Russland, vor allem in St. Petersburg, und war
später auch in Österreich (Graz) tätig. Köppens Berufsziel war es,
Lehrer in Russland für Naturwissenschaften zu werden. Er studierte
deshalb Botanik, Physik und Meteorologie, wobei er, nach eigenen
Angaben „von der Biologie zur Meteorologie (kam) (S. 200)“. Dies
bestätigt auch seine an der Universität Leipzig im Jahre 1870
vorgelegte Dissertation über „Wärme und Pflanzenwachstum“.
Köppen wurde im Laufe der Zeit einer der bedeutendsten Meteorologen,
ohne allerdings ein Studium dieses Fachgebietes absolviert zu
haben. Er sei nur „durch das Gros (seiner) Arbeiten und behördlich als
"Meteorologe" abgestempelt (worden)“ (S. 212). Es war, wie Köppen
schrieb, die „Meteorologische Zeitschrift“, die ihn immer stärker für
das Fach gewann, denn dort konnte er schon früh erst kürzere, später
dann umfangreichere meteorologische und klimatische Arbeiten
veröffentlichen.
Köppen war ein äußerst produktiver Geist; er publizierte während
seiner 73-jährigen Schaffensperiode nicht weniger als 560
Arbeiten. Die Chronologie der Veröffentlichungen lässt sich gleichsam
als Entwicklung des damals noch jungen Fachgebietes Meteorologie
erkennen, das durch Köppen nicht nur wesentlich beeinflusst, sondern
durch ihn auch richtungsweisend gestaltet wurde.
Nach seiner Assistentenzeit am Zentralobservatorium in St. Petersburg
war Köppen ab 1875 über 40 Jahre an der Deutschen Seewarte, Hamburg
(heute: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) tätig und baute
von dort aus den amtlichen Wetterdienst in Deutschland auf. Unter
seiner Leitung wurde am 1. Januar 1876 der erste gedruckte tägliche
„Wetterbericht der Deutschen Seewarte“ herausgegeben (S. 230). Die auf
ihn zurückgehende Gründung der Instrumentendrachenstation zur
Gewinnung meteorologischen Datenmaterials in den untersten Schichten
der Atmosphäre in Groß Borstel bei Hamburg (1903), war für Köppens
Höhenwetterforschungen von entscheidender Bedeutung. Der Begriff
„Aerologie“ geht auf ihn zurück.
Seit 1884 war er darüber hinaus Redakteur der „Meteorologischen
Zeitschrift“ und Gründungsmitglied der „Deutschen Meteorologischen
Gesellschaft DMG“. Er war der „maritimen Meteorologie“ eng verbunden,
wie einige seiner Arbeiten zur Klimatologie des Atlantischen,
Indischen und Pazifischen Ozeans zeigen. Ferner fertigte er
umfängliche Segelhandbücher, nicht nur für die Nordsee und später für
die Ostsee, sondern auch für die genannten Ozeane an. Diese Bücher
durften zur damaligen Zeit auf keinem (Segel-)Schiff fehlen. Auch
veröffentlichte er kleinere und größere Lehrbücher zur
Klimatologie. Im Jahre 1918 brachte er seine, auf vielen Vorarbeiten
beruhende, „Klassifikation der Klimate nach Temperatur, Niederschlag
und Jahresverlauf“ heraus. Hierbei handelt es sich um eine effektive
Klimaklassifikation, wonach, dem Wortsinn folgend, das Klima auf die
physische Umwelt wirkt. Die als „standorttreu“ anzusehende Vegetation
stellt sich dabei als ein geeigneter Klimaanzeiger dar, dem die
pluviothermischen Kriterien durch eine Dreierkombination an Buchstaben
zugeordnet wurden (KUTTLER 2013, S. 177 ff.). Diese
Klimaklassifikation wurde später von Rudolf Geiger (1894 – 1981)*
modifiziert und ging als Klimaklassifikation nach KÖPPEN/GEIGER in die
internationale Literatur ein. Nach wie vor wird diese Einteilung
weltweit angewandt und dient unter anderem auch dazu, globale
Verschiebungen von Klimazonen darzustellen (KOTTEK et al.,
2006). Zusammen mit seinem Schwiegersohn Alfred Wegener
(„Kontinentalverschiebungstheorie“) schrieb W. Köppen – bereits lange
im Ruhestand stehend – das weltberühmt gewordene Buch „Die Klimate der
geologischen Vorzeit“ (1924) und gab ab 1930 mit dem Mikroklimatologen
Rudolf Geiger (S. 185 muss es statt Wilhelm, Rudolf Geiger heißen) ein
fünfbändiges Handbuch der Klimatologie heraus. Köppens Arbeit mit
Alfred Wegener brachte ihn auch in Kontakt zu dem jugoslawischen
Geophysiker Milutin Milankovitch, dessen Untersuchungen zur Zyklizität
der Erdbahnparameter in ihrer Wirkung auf die Intensität der
Solarstrahlung und damit auf die Entstehung von Kalt- und Warmzeiten
„eine Revolution (des) Verständnisses... der spätquartären
Klimaänderungen einleitete“ (S. 190). Die anfänglich ablehnende
Haltung gegenüber dieser Theorie wurde in den 1980er Jahren durch die
Ergebnisse mariner Sedimentanalysen aufgegeben und die
Milankovitch-Zyklen mit ihrer nachhaltigen Wirkung auf das Erdklima im
Wesentlichen bestätigt (THIEDE, 2018).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Reminiszenz an den
großen Klimatologen und Meteorologen Wladimir Köppen mit diesem Buch
als äußerst geglückt angesehen werden kann.
Wilhelm Kuttler
Mitteilungen DMG 1/2019